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08.10.2024 /13:33:42
HINTERGRUND-Hoffnungsträger Robotaxi - aber Tesla-Fahrer sehen Sicherheitsrisiko

- von Akash Sriram und Abhirup Roy
San Francisco, 08. Okt (Reuters) - Es ist die große
Vision von Tesla <TSLA.O>-Chef Elon Musk: Selbstfahrende Autos
sind nach seiner Einschätzung die nächste Revolution der
Mobilität, und die größte Flotte dabei sollen Robotaxis aus
seinem Haus werden. Am Donnerstag will er seine Pläne in
Hollywood der Öffentlichkeit vorstellen. Kern des Vorhabens: Die
Software "Full Self Driving" (FSD), die dann vollständig die
Kontrolle über die Autos übernehmen und nicht mehr nur als
Fahrerassistenzsystem wirken soll. Doch Nutzer, die das System
schon jetzt im Einsatz haben, zweifeln an der Sicherheit. "Ich
nutze es, aber ich fühle mich nicht ganz wohl damit", sagt
Sergio Avedian, Uber-Fahrer aus Los Angeles, der einen Tesla
steuert.

Investoren warten auf einen ersten Prototypen des Robotaxis und Details dazu, wie die regulatorischen Hürden überwunden werden können. "Sie müssen das Thema jetzt voranbringen, weil ja schon eine ganze Weile darüber gesprochen wird", fordert Elliot Johnson, Fondsmanager bei Evolve ETFs. Dennoch glauben nur wenige, dass am Donnerstag ein funktionierendes Produkt auf der Bühne des Hollywoodstudios Warner Bros stehen wird: "Wir denken, dass die Robotaxi-Veranstaltung groß bei Visionen und klein bei unmittelbaren Erfolgen sein wird", schreibt Bernstein-Analyst Toni Sacconaghi. "Das Unternehmen hat den Ruf, vor allem bei FSD, übermäßig optimistisch zu sein, und hier steckt der Teufel im Detail."

Es sind nicht zuletzt Unfälle wie einer im April, die bei den Nutzern des Systems für Unbehagen sorgen. Bei dem Vorfall rammte ein Tesla, der im Auftrag des Mitfahrdienstes Uber <UBER.N> unterwegs war, an einer Kreuzung in Las Vegas einen SUV. Von dem Vorfall existiert eine Videoaufzeichnung, die der Tesla-Fahrer Justin Yoon auf seinem Youtube-Kanal "Project Robotaxi" veröffentlicht hat. Dabei fuhr der Tesla mit 74 Kilometern pro Stunde in eine Kreuzung ein und übersah einen SUV, der - verdeckt von einem anderen Auto - vor ihm die Straße querte. Yoon übernahm zwar in letzter Sekunde das Steuer und lenkte das Fahrzeug zur Seite, konnte den Aufprall jedoch nicht verhindern.

Im Polizeibericht wird der Fahrerin des SUV zwar die Schuld an dem Unfall zugewiesen, weil sie gegen Vorfahrsregeln verstieß. Dennoch zeige der Unfall eine Reihe von Sicherheitsproblemen mit dem System auf, sagt Yoon. Der Tesla habe nicht abgebremst, obwohl das Auto auf der rechten Spur die Sicht auf die Kreuzung verdeckt habe. "Offensichtlich muss man FSD überwachen." Das System sei nicht perfekt. "Es macht Fehler, und es wird in Zukunft weiter Fehler machen", sagt er. Tesla antwortete nicht auf eine Bitte um Stellungnahme.

FAHRER SCHÄTZEN ARBEITSERLEICHTERUNG DURCH FSD

FSD gilt bei den Aufsichtsbehörden als Fahrerassistenzsystem und hat keine Freigabe für das autonome Fahren. Dennoch sind schon jetzt zahlreiche Teslas im autonomen Betrieb unterwegs. Reuters hat mit elf Fahrern von Mitfahrdiensten gesprochen, die das System im Einsatz haben. Viele sprechen von den Grenzen des Systems, schätzen es aber dennoch, weil sie so weniger Stress bei der Fahrt hätten und deswegen länger arbeiten könnten. Sie nutzen damit eine regulatorische Grauzone aus: Die Behörden verweisen darauf, dass die Fahrer die Verantwortung für ihre Autos haben, egal, ob sie FSD eingeschaltet haben oder nicht. Auch Uber und Lyft <LYFT.O> geben an, dass die Fahrer in der Verantwortung stehen.

Das Thema autonomes Fahren spielt bei fast allen Autobauern eine große Rolle, eigentlich alle Unternehmen haben Systeme im Angebot, die dem Fahrer die Arbeit erleichtern. Allerdings sind diese meistens auf bestimmte Fahrsituationen begrenzt. Bei Tesla ist es anders: Die Fahrzeuge funktionieren fast überall, mit minimalem Eingriff der Fahrer. "Ich bin froh, dass Tesla das macht", sagt David Kidd, Analyst beim Insurance Institute for Highway Safety. "Aber vom Sicherheitsstandpunkt her stellen sich mir die Haare auf." Er plädiert dafür, dass die Aufsichtsbehörde NHTSA Richtlinien erlässt, welche einen Missbrauch der Systeme verhindern.

Tesla-Fahrer und Youtuber Yoon ist weiterhin von Tesla begeistert. Er halte FSD grundsätzlich für ein gutes System, sagt er auf seinem Kanal. Dennoch zweifle er an einigen Robotaxi-Ideen von Musk. Sein Kritikpunkt ist, dass Tesla bei seinen Systemen - anders als andere Autobauer - ausschließlich auf Kameras setze. Damit will Musk die Kosten unter Kontrolle halten. Aus Sicherheitsgründen seien aber zusätzliche Sensoren nötig, meint Yoon, wie Radar oder das Licht reflektierende Lidar, "weil es mit Kameras immer einen blinden Fleck gibt. Aber Robotaxis sollten keinen blinden Fleck haben."

(Geschrieben von Christina Amann, redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter Berlin.Newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder Frankfurt.Newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)

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