Berlin, 08. Jul (Reuters) - Die deutschen Exporte sind im Mai wegen der schwächsten US-Nachfrage seit mehr als drei Jahren überraschend deutlich gefallen. Sie sanken um 1,4 Prozent zum Vormonat auf 129,4 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Rückgang von 0,2 Prozent gerechnet. In ersten Reaktionen hieß es dazu:
CARSTEN BRZESKI, ING-CHEFVOLKSWIRT: |
"Mit Blick auf die Zukunft sehen sich die deutschen |
Exporte weiterhin hartem Gegenwind ausgesetzt. Auch wenn die EU |
gestern kein neues Zollschreiben aus dem Weißen Haus erhalten |
hat, hängt das Risiko von (weiteren) Zöllen wie ein |
Damoklesschwert über den deutschen und europäischen Exporteuren. |
Hinzu kommt, dass die Stärkung des Euro, die Sorgen der |
Exporteure noch verstärkt. |
Nach den harten Daten für die ersten beiden Monate des |
zweiten Quartals sieht es so aus, als würde die deutsche |
Wirtschaft erneut stagnieren oder sogar leicht schrumpfen. |
Während die Einzelhandelsumsätze und die Bautätigkeit im |
Vergleich zum ersten Quartal rückläufig waren, reicht der |
leichte Anstieg der Industrieproduktion nicht aus, um die |
erwartete Belastung durch den Handel auszugleichen." |
THOMAS GITZEL, CHEFVOLKSWIRT VP BANK: |
"Die deutsche Exportentwicklung enttäuscht im zweiten |
Quartal. Jetzt drehen sich die Vorzieheffekte des ersten |
Quartals in ihr Gegenteil um. US-Unternehmen ließen sich von |
deutschen Unternehmen in den ersten drei Monaten des Jahres |
deutlich mehr Waren liefern, bevor Zölle in Kraft treten. Nun |
kommt es zu einem regelrechten Einbruch von Exporten in die USA. |
Im Mai gingen die Warenlieferungen über den Atlantik um 7,7 |
Prozent zurück. Doch nicht nur die Warenausfuhren in die USA |
waren schwach, sondern auch in Richtung EU-Länder wurden |
deutlich weniger Güter in den Versand gegeben." |
"Der Außenhandel zeigt weiterhin ein trauriges Bild. Der etwas größere Überschuss im Vormonatsvergleich erklärt sich dadurch, dass die Einfuhren noch stärker als die Ausfuhren gesunken sind. Der deutschen Wirtschaft bläst weiterhin eine kräftige Brise von der außenwirtschaftlichen Seite entgegen. Rasche Besserung ist nicht in Sicht."
"Nach den Vorzieheffekten der ersten Monate des Jahres ist im Mai der Gegeneffekt zu beobachten, denn die Exporte in die USA sind geradezu eingebrochen. Dass die Ausfuhren aber auch sonst nicht gut gelaufen sind, liegt im Wesentlichen an der schwachen Nachfrage aus dem EU-Binnenmarkt. Eine Erholung in dieser Wirtschaftsregion ist die Grundvoraussetzung dafür, dass unsere Exporteure wieder Fuß fassen. Gleichzeitig muss man festhalten, dass sich die Exporteure angesichts der Verwerfungen im Welthandelssystem, der vielen geopolitischen Krisen und der zahlreichen Unsicherheiten als resilient erweisen und sie in der Lage sind, ein relativ hohes Exportniveau zu halten.
Der starke Rückgang der Importe könnte als Schwäche der Binnenkonjunktur ausgelegt werden. Die Zeitreihe zeigt allerdings eine hohe Volatilität, so dass diese einzelne Monatszahl nicht überbewertet werden sollte."
(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Elke Ahlswede. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)