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13.01.2025 /15:57:20
FOKUS 1-Anteil der Babyboomer in vielen Mangelberufen besonders hoch

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Verrentungswelle bei Busfahrern, Gärtnern und Maurern



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IW: Arbeitsmarkt gehen jährlich 300.000 Beschäftigte verloren





(neu: mit IW)
Berlin, 13. Jan (Reuters) - Ob Busfahrer, Gärtnerin oder
Maurer: In vielen Engpassberufen ist der Anteil der in den
nächsten Jahren in Rente gehenden geburtenstarken
Babyboomer-Generation besonders hoch. 44 Prozent der Fahrerinnen
und Fahrer von Bussen und Straßenbahnen waren 2023 mindestens 55
Jahre alt, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte.
Der Anteil der abhängig Beschäftigten in dieser Altersgruppe ist
damit überdurchschnittlich hoch: Über alle Berufe hinweg liegt
er bei 25 Prozent.

"Auch in anderen Engpassberufen ist der Anteil der mindestens 55-Jährigen überdurchschnittlich hoch, darunter einige im Bereich Verkehr", fanden die Statistiker heraus. So sind knapp vier von zehn Berufskraftfahrern im Gütertransport mindestens 55 Jahre alt (39 Prozent). Unter den Straßen- und Tunnelwärtern - die etwa für Verkehrssicherheit, Winterdienst und die Instandhaltung von Straßen sorgen - gehört ein Drittel zur Altersgruppe 55plus. Auch in Fleischverarbeitung und -verkauf ist der Anteil älterer Beschäftigter hoch: 36 Prozent der im Verkauf Tätigen waren 2023 mindestens 55 Jahre alt, bei Berufen in der Fleischverarbeitung sind es 30 Prozent.

Bei Berufen im Gartenbau (34 Prozent) oder im Maurerhandwerk (30 Prozent) droht ein hoher Anteil an mindestens 55-Jährigen den bestehenden Fachkräftemangel in den kommenden Jahren zu verschärfen. In der Altenpflege liegt er mit 27 Prozent ebenfalls über dem Durchschnitt, wenn auch nur leicht.

"RICHTIGE ANREIZE SETZEN"

Dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln) zufolge bleibt die demografische Entwicklung schwierig. "Mit den Babyboomern gehen seit ein paar Jahren immer größere Kohorten in Rente als nachrücken", sagte IW-Ökonom Alexander Burstedde. "Das wird auch noch ein paar Jahre so weitergehen." Dadurch dürften dem Arbeitsmarkt jährlich etwa 300.000 Beschäftigte verloren gehen. Hinzu kämen etwa 100.000 Todesfälle. Durch Zuwanderung und eine höhere Erwerbsbeteiligung könne der Babyboomer-Effekt ausgeglichen werden. "Dafür sollte Deutschland allerdings noch attraktiver für qualifizierte Arbeitskräfte aus dem Ausland werden", sagte Burstedde.

Ähnlich zentral sei eine Erhöhung der Lebens- und
Wochenarbeitszeit. "Dafür gilt es die richtigen Anreize im
Steuer-und Transfersystem zu setzen und die Kinderbetreuung
weiter auszubauen", sagte der IW-Experte. Unternehmen sollten
zudem frühzeitig auf ihre älteren Beschäftigten zugehen und
ihnen attraktive Angebote machen, um sie länger im Betrieb zu
halten.
 
Die Statistiker haben aus den Daten auch herausgelesen,
in welchen Branchen der Ersatzbedarf in den nächsten zehn Jahren
besonders hoch ist. Am höchsten ist der Anteil der mindestens
55-Jährigen im Grundstücks- und Wohnungswesen mit 33 Prozent.
Auch inder Land- und Forstwirtschaft und der Fischerei ist der
Anteil mit 28 Prozent überdurchschnittlich. Im Bereich Verkehr
und Lagerei, zu dem auch ein Teil der Berufskraftfahrer gehört,
waren 2023 ebenfalls 28 Prozent der Beschäftigten 55 Jahre und
älter. Auch wenn es im Handel einzelne Berufe mit hohem Anteil
der Altersgruppe 55plus gibt, ist deren Anteil an den
Beschäftigten insgesamt in der Branche mit 24 Prozent leicht
unterdurchschnittlich. Im Gastgewerbe wird der teilweise
bestehende Arbeits- und Fachkräftemangel ebenfalls nicht
überproportional durch zunehmende Alterung verschärft: Knapp ein
Fünftelder abhängig Beschäftigten in dieser Branche war zuletzt
55 Jahre und älter ? der Anteil liegt deutlich unter dem
Durchschnitt von 25 Prozent.

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Sabine Ehrhardt - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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