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20.12.2024 /15:02:20
FOKUS 3-Musk greift in deutschen Wahlkampf ein - Scholz reagiert gelassen

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US-Milliardär unterstützt die AfD im Bundestagswahlkampf

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Weidel spricht von "Sowjetischer Europäischer Union"

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Kanzler: Meinungsfreiheit gilt auch für Milliardäre

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Bundesregierung will auf X bleiben
 
(Neu: Scholz, Lindner)
Berlin, 20. Dez (Reuters) - Nach seinem massiven Einsatz
in den US-Präsidentschaftswahlen greift der amerikanische
Milliardär Elon Musk nun auch in den Bundestagswahlkampf ein.
"Nur die AfD kann Deutschland retten", postete der Berater des
designierten US-Präsidenten Donald Trump am Freitag und erhielt
umgehend Lob von AfD-Chefin Alice Weidel. Diese schrieb in einer
englischen Antwort an Musk auf X daraufhin unter anderem, dass
die "Sowjetische Europäische Union" die deutsche Wirtschaft
zerstöre.

Kanzler Olaf Scholz erklärte mit Blick auf Musk, in Deutschland gebe es Meinungsfreiheit, die gelte auch für Multimilliardäre. "Aber Meinungsfreiheit heißt auch, dass man Dinge sagen kann, die nicht richtig sind und keine guten politischen Ratschläge beinhalten", fügte er hinzu. Die Regierung verwies auf die Zuständigkeit der EU-Kommission.

Sicherheitsbehörden in Deutschland warnen davor, dass sie etwa aus Russland, aber auch den USA Einmischungen im Bundestagswahlkampf erwarten. Bisher stand dabei staatlich gesteuerte Desinformationskampagnen aus Russland im Fokus.

Vergleiche zwischen russischer Einflussnahme und der von Musk wollte die Regierungssprecherin am Freitag nicht ziehen. "Wir nehmen das zur Kenntnis, wir ordnen das nicht ein, wir bewerten das nicht", sagte sie zu der Musk-Äußerung. Die Bundesregierung komme "in der Abwägung immer wieder zu dem Ergebnis, dass wir auf X bleiben", fügte sie hinzu. X sei ein wichtiges Medium, um Menschen zu erreichen und zu informieren. Es würde "erhebliche Nachteile mit sich bringen, wenn die Bundesregierung oder der Bundeskanzler auf relevanten sozialen Medien nicht vertreten sind".

Es ist nicht das erste Mal, dass der Chef des E-Auto Herstellers Tesla Sympathien für die AfD äußert, die als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft wird und in Umfragen zweitstärkste Kraft ist. Schon im Juni hatte Musk geschrieben, dass er nicht erkennen könne, dass die AfD extremistisch sei. Sie wird etwa in Sachsen oder Thüringen von den dortigen Verfassungsschutzbehörden als gesichert rechtsextrem eingestuft.

Musk hatte im US-Wahlkampf Millionen für den Wahlsieg von Trump ausgegeben und plädiert dort für einen radikalen Abbau staatlicher Behörden und Regulierungseinrichtungen. Kritiker werfen ihm vor, damit eine Kontrolle über seinen X-Dienst abschaffen zu wollen. Musk hat sich mit seinem weltweit genutzten Kurznachrichtendienst X auch in die britische Innenpolitik eingemischt und Sympathien für Rechtsaußen-Bewegungen in anderen Staaten bekundet. Es gibt Berichte, dass er die britische Anti-EU-Partei von Nigel Farrage mit Millionenbeträgen unterstützen soll.

"Wer ein Milliardär ist und ein Medienkonzern besitzt, darf seine Meinung äußern", sagte der Kanzler. Er habe den Eindruck, dass SPD, CDU, CSU, FDP und Grünen gleichermaßen das Urteil von Musk nicht teilten. Die CDU wollte sich auf Anfrage nicht äußern. "Keine Einmischung von außen in den deutschen Wahlkampf ? das ist ein Prinzip, das wir verteidigen müssen", sagte SPD-Generalsekretär Matthias Miersch dem Onlineportal t-online.

FDP-Chef Christian Lindner bat Musk in einem englischen Tweet um ein Treffen, um ihm zu erklären, wofür die FDP stehe. "Während die Migrationskontrolle für Deutschland von entscheidender Bedeutung ist, steht die AfD gegen Freiheit und Wirtschaft - und sie ist eine rechtsextreme Partei. Ziehen Sie keine voreiligen Schlüsse aus der Ferne", schrieb er. "Sowohl Milei als auch Musk vertreten teilweise extreme, abwegige und bisweilen sogar bestürzende Ansichten und tragen diese mit provokanten Aktionen in die Öffentlichkeit", fügte er mit Blick auf den argentinischen Präsidenten Javier Milei hinzu. Vor Tagen hatte Lindner eine kontroverse Debatte ausgelöst, als er die "disruptive Energie" lobte, die Musk und Milei hätten und die Deutschland fehle.

Es gibt seit längerem Forderungen, Plattformen wie X wegen ihrer Marktmarkt stärker zu regulieren. Nach umstrittenen Äußerungen von Musk hatte es bereits Abwanderungen von Nutzern zu Netzwerken wie Bluesky und Anzeigen-Boykotts von Firmen gegeben. Die Bundesregierung und deutsche Politiker nutzen X aber weiter für ihre Botschaften. Grünen-Spitzenkandidat Robert Habeck hatte erst vor Kurzem wieder einen Account auf X eröffnet.

(Bericht von Andreas Rinke Redigiert von Hans Busemann Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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