(Neu: Widersprüchliche Angaben über Einhaltung der Feuerpause)
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Atommächte einigen sich nach Eskalation der Kämpfe
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Trump sieht Vermittlungserfolg
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Reuters-Augenzeugen beobachten Explosionen trotz Vereinbarung
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| Indien beschuldigt Pakistan der Verletzung |
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| Pakistan bestreitet Verletzung und äußert sich versöhnlich |
| Islamabad/Neu-Delhi, 10. Mai (Reuters) - Die Atommächte |
| Indien und Pakistan haben sich nach vier Tagen wechselseitiger |
| Luftangriffe am Samstag nach beiderseitigen Angaben auf eine |
| Feuerpause verständigt. Über deren Einhaltung gab es allerdings |
| widersprüchliche Angaben. Nach der Vereinbarung meldeten |
| Behörden, Anwohner und Reuters-Augenzeugen Explosionen aus den |
| indischen Städten Srinagar und Jammu in der Konfliktregion |
| Kaschmir. Der Staatssekretär im indischen Außenministerium, |
| Vikram Misri, beschuldigte Pakistan, die Vereinbarung nicht |
| einzuhalten. Die indischen Streitkräfte seien angewiesen, hart |
| dagegen vorzugehen. Der pakistanische Informationsminister |
| Attaullah Tarar hingegen bestritt im Sender Geo News, dass die |
| Waffenruhe gebrochen worden sei. |
Nach Abschluss der Vereinbarung hatte der pakistanische Außenminister Ishaq Dar erklärt, man habe ein umfassendes Ende der Kämpfe vereinbart. US-Präsident Donald Trump hatte als erster den Durchbruch bei den Verhandlungen mitgeteilt: "Nach einer langen Nacht von Gesprächen unter Vermittlung der USA freue ich mich bekanntzugeben, dass Indien und Pakistan einer vollständigen und sofortigen Waffenruhe zugestimmt haben", schrieb er auf seinem Kurznachrichtendienst Truth Social.
Das indische Außenministerium erklärte, die militärischen Leiter Pakistans und Indiens hätten sich auf einen Waffenstillstand geeinigt. Geplant sei, dass die beiden Spitzenmilitärs am 12. Mai erneut miteinander sprechen sollten.
Der pakistanische Ministerpräsident Shehbaz Sharif äußerte sich zuversichtlich über die Möglichkeit einer Lösung des Konflikts mit dem Nachbarland. Er glaube, dass der Streit um Wasserrechte, um die Kaschmir-Region und um alle anderen kontroversen Themen beigelegt werden könne.
Wenige Stunden vor der Vereinbarung waren die Kämpfe eskaliert. Indien warf Pakistan vor, Truppen entlang der gemeinsamen Grenze zusammenzuziehen. Eine Mitteilung des pakistanischen Militärs, wonach die Nationale Kommandobehörde mit der Kontrollgewalt über die Atomwaffen einberufen worden sei, löste weltweit Sorgen aus, es könne zu einem nuklearen Schlagabtausch kommen. Allerdings erklärte Verteidigungsminister Khawaja Muhammad Asif, eine solche Sitzung sei nicht geplant.
Nach pakistanischen Angaben feuerte Indien am frühen Samstagmorgen Raketen auf drei Luftwaffenstützpunkte ab. Die Flugabwehr habe jedoch die meisten Raketen abgefangen. Einer der Luftwaffenstützpunkte befindet sich in der Garnisonsstadt Rawalpindi in der Nähe der Hauptstadt Islamabad, die beiden anderen in der östlichen Provinz Punjab, die an Indien grenzt.
Das indische Militär teilte mit, es habe mehrere pakistanische Drohnenangriffe entlang der Grenze im Westen Indiens abgewehrt. "Pakistans unverhohlener Versuch, Indiens Souveränität zu verletzen und Zivilisten zu gefährden, ist inakzeptabel. Die indische Armee wird die Pläne des Feindes vereiteln", schrieb das Militär auf der Plattform X. Die Streitkräfte seien in hoher Einsatzbereitschaft.
Ausgelöst wurden die Kämpfe durch einen Anschlag am 22. April im indischen Teil Kaschmirs, bei dem 26 Touristen getötet wurden. Indien macht dafür muslimische Extremisten mit Verbindungen nach Pakistan verantwortlich. Pakistan bestreitet eine Verwicklung. Nachdem es zunächst zu Schusswechseln und vereinzelten Gefechten in der Grenzregion gekommen war, startete Indien am vergangenen Mittwoch Luftangriffe auf - nach eigenen Angaben - terroristische Ziele in Pakistan. Das Nachbarland reagierte mit Gegenangriffen. Insgesamt sollen auf beiden Seiten 66 Zivilisten ums Leben gekommen sein.
Um Kaschmir haben das mehrheitlich hinduistische Indien und das überwiegend muslimische Pakistan seit ihrer Unabhängigkeit von Großbritannien im Jahr 1947 bereits zwei ihrer drei Kriege geführt. Beide Länder beanspruchen die Region im Himalaya vollständig für sich, sie kontrollieren jedoch jeweils nur einen Teil davon.
China hatte sich "tief besorgt" über die Eskalation gezeigt und Zurückhaltung von Pakistan und Indien gefordert. Die Regierung in Peking hatte zudem angeboten, in dem Konflikt zu vermitteln. Die Volksrepublik teilt eine Grenze sowohl mit Pakistan als auch mit Indien.
(Bericht von: Gibran Peshimam, Charlotte Greenfield, Saeed Shah, Ariba Shahid, Asif Shahzad, Shivam Patel, Aftab Ahmed, Fayaz Bukhari, Saurabh Sharma, Rishabh Jaiswal; geschrieben von Sabine Ehrhardt, Hans Busemann und Jörn Poltz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)