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13.09.2024 /15:03:54
FOKUS 1-Regierung lehnt Merz-Vorstoß zu Asyl-Spitzengespräch ab

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Regierungssprecher: Männer-Runde bringt nichts

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(Durchgehend neu, mit Regierungssprecher Lindner, Dürr,)
Berlin, 13. Sep (Reuters) - Die Bundesregierung lehnt
den Vorstoß von CDU-Chef Friedrich Merz zu Spitzengesprächen
über die Asyl-Politik und eine dreimonatige komplette
Zurückweisung von Flüchtlingen an den deutschen Grenzen ab.
"Migration und der Kampf gegen irreguläre Migration ist eine
Angelegenheit, in der sowohl der Bund als auch die Länder massiv
mit ihren Verantwortlichkeiten gemeinsam handeln müssen", sagte
Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag in Berlin. "Und
das geht dann nicht in einer Männerrunde, die dann kurz mal für
eine Tasse Kaffee zusammensitzt", fügte er hinzu und betonte,
dass man nur rechtliche machbare Optionen prüfe. Kanzler Olaf
Scholz habe aber klar gemacht, dass die Regierung für Gespräche
offen sei.
Er warf der Opposition "taktische Mätzchen" vor, weil
die Union selbst die Gespräche über ein effektiveres
Grenzmanagement abgebrochen hatte. Allerdings hatte auch
Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner ein
Spitzengespräch zwischen Kanzler Olaf Scholz, ihm, Vizekanzler
Robert Habeck (Grüne) und Merz gefordert. FDP-Fraktionschef
Christian Dürr setzte sich am Freitag zudem dafür ein, dass man
regional begrenzt Zurückweisungen ausprobieren könnte, wie die
Justizminister Marco Buschmann (FDP) in den Gespräche mit der
Union vorgeschlagen habe.
 
Regierungssprecher Hebestreit bezeichnete den Vorschlag
Buschmanns dagegen nur als hypothetisches Angebot an die Union,
um zu zeigen, dass die völlige Zurückweisung keiner
gerichtlichen Überprüfung standhalte. Bundesinnenministerin
Nancy Faeser (SPD) hatte stattdessen die Einrichtung von
Auffangzentren in Grenznähe vorgeschlagen, in denen innerhalb
von fünf Wochen geprüft werden soll, ob Antragsteller in andere
Schengen-Staaten zurückgeschickt werden sollen, in denen sie
einen Asylantrag hätten stellen können.
 
Offensichtlich gibt es in der Ampel-Regierung
Differenzen zu dem Thema. Lindner verwies am Freitag im
Bundestag auf eine erfreuliche Wende in der Migrationspolitik,
weil Oppositionsführer Merz wieder Gesprächsbereitschaft
signalisiert habe. "Das ist eine sehr gute Entwicklung. Denn
damit rückt ein Schulterschluss der demokratischen Kräfte in
Deutschland bei der Lösung der Migrationsproblematik näher."
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hatte in einer
Bundestagsdebatte mit Blick auf den CDU-Chef gesagt: "Wir als
FDP stehen Ihnen weitaus näher als unsere geschätzten Kollegen
in der Koalition.".
 
Um Kritik europäischer Nachbarn auszuräumen, will
Bundeskanzler Scholz in den kommenden Tagen mit mehreren
europäischen Regierungschefs über die Asyl-Politik beraten. Der
Kanzler werde "demnächst" einzeln mit den Staats- und
Regierungschefs der europäischen Nachbarstaaten sprechen, um die
deutschen Pläne zu erläutern, sagte Regierungssprecher
Hebestreit. Es gebe etwa auch einen Kontakt mit dem polnischen
Ministerpräsidenten Donald Tusk zu diesen Fragen. Zudem sei ein
Gespräch mit EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen geplant.
Es hatte in den vergangenen Tagen etwa aus Polen und Österreich
Kritik an den deutschen Plänen für Zurückweisungen an den
Grenzen gegeben. In der Regierung wird dies vor allem auf viel
weiterreichende Forderungen der oppositionellen Union nach
generellen Zurückweisungen zurückgeführt, die aber gar nicht
umgesetzt würden.

"Es hat Irritationen gegeben", sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums. Das Ministerium teilte weiter mit, dass Faeser am 17. September im Rahmen des "Berliner Prozesses" Regierungsvertreter aus Bulgarien, Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien, Österreich, Polen, Slowenien und Großbritannien sowie der Westbalkan-Staaten eingeladen habe. Auch Vertreter der EU und internationaler Organisationen würden an dem Treffen teilnehmen. "In diesem Jahr liegt der Schwerpunkt des Treffens auf Fragen der irregulären Migration, des Menschenhandels, der Schleusungskriminalität sowie der Organisierten Kriminalität", erklärte das Ministerium.

(Bericht von Andreas Rinke, Christian Krämer ; redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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