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03.07.2024 /16:49:12
FOKUS 1-Meyer Werft hofft auf den Staat - Weniger Stellen fallen weg

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Kreuzfahrtschiff-Marktführer braucht Milliarden

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Luxusdampfer werden größtenteils vorfinanziert

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Bundesregierung will Engagement prüfen
 
(neu: Bund, mehr Hintergrund)
Berlin/München, 03. Jul (Reuters) -

Die angeschlagene Meyer Werft setzt zur Überbrückung einer milliardenschweren Finanzlücke auf die Hilfe des Staates. Die auf luxuriöse Kreuzfahrtschiffe spezialisierte Werft braucht bis zu 2,77 Milliarden Euro, davon 2,3 bis 2,4 Milliarden in Form von Bankkrediten, um die bestellten Luxusdampfer bauen zu können. Dafür sind staatliche Bürgschaften nötig. Daneben sucht die Eigentümerfamilie Meyer einen Investor, der 400 Millionen Euro frisches Kapital mitbringt. Vom Land Niedersachsen gebe es positive Signale, der Bund zögere noch, machte der als Sanierer eingesetzte Ralf Schmitz am Mittwoch in Papenburg deutlich. Wenn es für Meyer nicht weitergeht, ist das ein Schlag für die ganze maritime Industrie." An dem weltgrößten Hersteller von Kreuzfahrtschiffen hingen 20.000 Arbeitsplätze in der Branche.

"Wir haben noch keine Zusagen erhalten. Es ist ein
langer und weiter Weg", betonte Schmitz. Der Bund prüfe, ob er
sich zusammen mit Niedersachsen an der Rettung beteiligen könne,
sagte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums. Schmitz
erläuterte, in einem Sanierungsgutachten müsse festgestellt
werden, ob die Werft überlebensfähig ist. Dessen Entwurf soll
Ende nächster Woche vorliegen. "Wir rechnen mit einem positiven
Ergebnis", sagte der Sanierer.
 
Mit einer Einigung mit den Arbeitnehmervertretern hat
eine Voraussetzung für staatliche Hilfen geschaffen. Statt 440
sollen nun 340 Arbeitsplätze abgebaut werden, Kündigungen kann
es frühestens im April 2025 geben. "Diese Werft steht vor einem
Nestart", sagte Heiko Messerschmitt von der IG Metall Küste. Bis
2030 soll das Familienunternehmen mindestens 3100 Arbeitsplätze
erhalten. Zudem soll der offizielle Firmensitz von Luxemburg
nach Deutschland zurückverlegt, ein mitbestimmter Aufsichtsrat
geschaffen und ein Konzernbetriebsrat eingerichtet werden. Das
gilt als Grundlage für eine finanzielle Unterstützung durch den
Bund. "Die nationale Bedeutung von Meyer kann nicht überschätzt
werden", appellierte Messerschmitt an die Politik.
Die Luxusdampfer, von denen zwei pro Jahr vom Stapel
laufen sollen, kosten mindestens 1,5 Milliarden Euro. Die Kunden
zahlen in der Regel 20 Prozent an, der Rest wird erst bei der
Übergabe fällig. Die Werft muss also die Baukosten
vorfinanzieren, normalerweise aus den Anzahlungen. Meyer waren
aber die Corona-Jahre zum Verhängnis geworden, in denen es kaum
noch Neuaufträge gab. In den nächsten 18 Monaten fehlen deshalb
noch Arbeit und Geld. Inzwischen habe sich das Geschäft deutlich
belebt, sagte Schmitz.
 
"TEMPORÄR" INVESTOR GESUCHT
 
Schmitz sagte, die Werft brauche außerdem 400 Millionen
Euro frisches Eigenkapital, um vergangene Verluste zu decken und
die Sanierung zu finanzieren. Meyer müsse die Kosten senken, um
das operative Ergebnis (Ebitda) um 200 Millionen Euro zu
verbessern. "Die Werft muss und wird profitabler werden." Die
Eigentümerfamilie zeigte sich in einer Stellungnahme offen "für
einen temporären Einstieg neuer Gesellschafter - unabhängig
davon, ob der Investor öffentlich oder privat ist". Der Sanierer
sagte, er könne sich Kunden oder andere Unternehmen aus der
Schiffsbranche als Miteigentümer vorstellen - oder der Staat
muss auch hier einspringen. Die Zeit dränge. "Es ist wichtig zu
verstehen, dass wir nichts geschenkt haben wollen."

(Bericht von Alexander Hübner und Alexander Ratz redigiert von Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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