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04.10.2024 /13:04:53
FOKUS 1-Fifa unterliegt im Streit um Transferregeln vor dem EuGH

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EuGH rüttelt an Transfersystem für Profifußballer

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Gericht: FIFA schießt über das Ziel hinaus

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Franzose Diarra fand ein Jahr lang keinen neuen Club
 
(neu: mehr aus dem Urteil, Reaktionen, 1.FC Köln)
Paris, 04. Okt (Reuters) - Die Regeln des
Fußball-Weltverbandes Fifa beim Vereinswechsel von Profi-Kickern
verstoßen nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH)
gegen europäisches Recht. "Die in Frage stehenden Regeln
behindern die Freizügigkeit professioneller Fußballer, die sich
weiterentwickeln wollen, indem sie für einen neuen Verein
arbeiten", urteilte der EuGH am Freitag in Luxemburg. Nach den
Transferregeln der FIFA müssen Fußballer, die ihren Vertrag
"ohne triftigen Grund" vorzeitig kündigen, dem bisherigen Verein
Schadenersatz zahlen. Ihr neuer Verein wird dafür in Mithaftung
genommen - ihm droht zusätzlich sogar eine Transfersperre, wenn
er nicht belegen kann, dass er den Spieler nicht aktiv
abgeworben hat.
Das Urteil rüttelt an dem geltenden System im
Profifußball mit vielfach millionenschweren Ablösesummen. Der
EuGH erklärte, zwar seien Beschränkungen der Freizügigkeit
grundsätzlich zulässig, um einen geordneten Wettbewerb aufrecht
zu erhalten. Doch die Fifa-Vorschriften "scheinen in mehrerlei
Hinsicht über das hinauszugehen, was zur Erreichung dieses Ziels
erforderlich ist", hieß es in dem Urteil. Auch nach dem
Wettbewerbsrecht, dem die Fifa unterliege, seien die
Transferregeln "wahrscheinlich (...) nicht unerlässlich oder
erforderlich".
 
In dem vor den EuGH gebrachten Fall geht es um den
ehemaligen französischen Nationalspieler Lassana Diarra. Er
hatte 2013 bei Lokomotive Moskau einen langfristigen Vertrag
unterschrieben, aber ein Jahr später ohne Angabe von Gründen
gekündigt. Drohende Schadenersatzforderungen von mehr als zehn
Millionen Euro und Sanktionen der Fifa schreckten den belgischen
Club Charleroi aber ab, der ihn unter Vertrag nehmen wollte, so
dass Diarra letztlich erst ein Jahr später in Frankreich einen
neuen Verein fand. Daraufhin verklagte er die Fifa vor einem
Gericht im belgischen Mons auf Schadenersatz. Dieses rief den
EuGH an und muss nun auf Grundlage von dessen Entscheidung ein
Urteil fällen. Der heute 39-jährige Diarra beendete seine aktive
Laufbahn 2019 bei Paris Saint-Germain.

Diarras Anwälte erklärten, alle Fußball-Profis seien von den illegalen Regeln betroffen, die seit 2001 gälten, und könnten Schadenersatz für ihre Verluste verlangen. Das werde die FIFA zwingen, sich EU-Recht zu unterwerfen und ihre Regeln schnell zu modernisieren. Die Vereinigung der Fußball-Profis (FIFPRO) begrüßte das Urteil, das "die Landschaft des Profifußballs verändern" werde. Die FIFA erklärte dagegen, die Grundsätze des Transfersystems seien durch das Urteil bestätigt worden. In Frage gestellt würden nur zwei Absätze des umfassenden Regelwerks.

Die strengen Transferregeln für vertragsbrüchige Spieler
bekommt in Deutschland derzeit der 1. FC Köln zu spüren. Der
Zweitligist hatte 2022 einen Juniorenspieler aus Slowenien
verpflichtet, nachdem dessen Mutter einen Tag zuvor den Vertrag
mit seinem bisherigen Verein gekündigt hatte. Der deutsche
Verein konnte nicht nachweisen, dass er den Spieler nicht dazu
angestiftet hatte, und darf deshalb nun ein Jahr lang keine
neuen Spieler verpflichten.

(Bericht von Tassilo Hummel, Julien Pretot und Alexander Hübner redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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