(Wiederholung vom Vorabend) | |
Tiflis, 28. Okt (Reuters) - In Georgien haben Tausende | |
Menschen gegen das offizielle Ergebnis der Parlamentswahl vom | |
Samstag demonstriert. Sie versammelten sich am Montagabend vor | |
dem Parlamentsgebäude in der Hauptstadt Tiflis. Präsidentin | |
Salome | Surabischwili hatte zu der Kundgebung aufgerufen. "Ihr |
habt die Wahlen nicht verloren. Eure Stimme wurde gestohlen, und | |
sie haben versucht, auch eure Zukunft zu stehlen", sagte sie vor | |
der Menge, in der viele Teilnehmer Flaggen Georgiens und der | |
Europäischen Union schwenkten. "Gemeinsam, friedlich, so wie wir | |
heute hier sind, werden wir verteidigen, was uns gehört: euer | |
verfassungsmäßiges Recht darauf, dass Eure Stimme respektiert | |
wird." | |
Am Montag war der ungarische Ministerpräsident Viktor | |
Orban zu einem Überraschungsbesuch in Georgien eingetroffen. | |
Orban, | der derzeit den rotierenden Vorsitz des Europäischen |
Rates innehat, hatte bereits am Samstag der Regierungspartei | |
"Georgischer Traum" zu dem umstrittenen Wahlsieg gratuliert. | |
Dagegen meldeten westliche Staaten Zweifel am ordnungsgemäßen | |
Ablauf | der Wahl an. "Statt nutzloser Belehrungen benötigen sie |
(die Georgier) unsere Unterstützung auf ihrem europäischen Weg", | |
schrieb Orban am Montag auf X. | |
Die Partei "Georgischer Traum", die seit 2012 an der | |
Macht ist, gewann nach Angaben der Wahlkommission fast 54 | |
Prozent der Stimmen. Die vier wichtigsten Oppositionsparteien, | |
die Sitze im Parlament gewonnen haben, erklärten, sie würden das | |
Ergebnis nicht anerkennen und das Parlament boykottieren. | |
Surabischwili und unabhängige Nachwahlbefragungen sehen den | |
Georgischen Traum bei rund 40 Prozent. | |
Der Georgische Traum hält zwar offiziell am Plan fest, | |
Mitglied der EU zu werden. Trotzdem hat er von der EU als | |
antidemokratisch kritisierte Gesetze im Parlament beschlossen. | |
Gleichzeitig bemüht sich der "Georgische Traum" um eine | |
Annäherung an Russland. Die Opposition sowie Präsidentin | |
Surabischwili wollen dagegen das Land in die EU führen und aus | |
dem Einfluss Russlands lösen. | |
Am Montag waren in Tiflis auch anti-russische Plakate | |
bei den Demonstranten zu sehen. Auf die Fassade des | |
Parlamentsgebäudes wurde das Wort "gestohlen" projiziert. | |
Zusammenstöße mit der Polizei blieben zunächst aus. In | |
Washington forderte das US-Außenministerium, Vorwürfe, die Wahl | |
sei manipuliert worden, müssten untersucht werden. | |
Beobachter fürchten nun eine ähnliche Entwicklung wie in | |
Belarus. Dort hatte der pro-russische Präsident Alexander | |
Lukaschenko nach Behördenangaben 2020 die Präsidentenwahl | |
gewonnen, deren Ergebnis nach Angaben der belarussischen | |
pro-europäischen Opposition und europäischer Beobachter | |
gefälscht wurde. Es folgten monatelange Massenproteste, die mit | |
massivem Einsatz von Sicherheitskräften erstickt wurden. | |
Führende Oppositionelle wurden entweder inhaftiert oder flohen | |
ins Ausland. |
(Bericht von Felix Light und Lucy Papachristou, geschrieben von Hans Busemann Redigiert von Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)