Bangkok/Phnom Penh, 08. Jun (Reuters) - Die Nachbarländer Thailand und Kambodscha wollen ihren zuletzt eskalierten Grenzstreit wieder entschärfen. Beide vereinbarten nach eigenen Angaben vom Sonntag, ihre Soldaten auf frühere Grenzpositionen zurückzuziehen. Ende Mai war bei einem Scharmützel ein kambodschanischer Soldat getötet worden. Daraufhin hatte beide Länder ihre Militärpräsenz verstärkt.
Am Sonntag hatte zunächst Thailands Verteidigungsminister Phumtham Wechayachai mitgeteilt, man führe Gespräche, um die Situation zu entschärfen und zu 2024 vereinbarten Grenz-Positionen zurückzukehren. Kurz darauf erklärte Kambodscha, beide Seiten wollten die Spannungen nach dem Zwischenfall vom 28. Mai in dem nicht abgegrenzten Gebiet abbauen. Weder Thailand noch Kambodscha hatten zuvor mitgeteilt, wo und in welchem Umfang sie ihre Streitkräfte verstärkt hatten.
Thailand hat nach eigenen Angaben 17 offizielle Grenzübergänge zu Kambodscha, die sich auf sieben Provinzen entlang der gemeinsamen, 817 Kilometer langen Grenze erstrecken. Beide Länder streiten sich seit mehr als einem Jahrhundert um die Souveränität an unmarkierten Punkten. Die Grenze war 1907 von Frankreich kartiert worden, als Kambodscha noch Kolonie war.
Kambodscha hatte jüngst mitgeteilt, es werde in dem Streit den Internationalen Gerichtshof anrufen. Angesichts der Komplexität, des historischen Charakters und der Sensibilität werde immer offensichtlicher, dass ein bilateraler Dialog allein nicht ausreiche, um zu einer dauerhaften Lösung zu kommen. Thailand verneint hingegen eine Zuständigkeit des Gerichtshofs und fordert die Lösung aller grenzrelevanten Fragen durch bilaterale Verhandlungen.
Die Spannungen zwischen den Ländern eskalierten 2008 wegen eines Hindu-Tempels aus dem 11. Jahrhundert und führten über Jahre zu Scharmützeln, bei denen mindestens ein Dutzend Menschen getötet wurden.
(Bericht von Chayut Setboonsarng und Panu Wongcha-um in Bangkok sowie Chantha Lach in Phnom Penh. Geschrieben von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)