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04.07.2024 /15:44:48
Frankreich mit Polizeigroßaufgebot am Wahlabend - Minister will "Chaos" verhindern

Paris, 04. Jul (Reuters) - Mit einem Großaufgebot der Polizei bereitet sich Frankreich auf mögliche Ausschreitungen im Zuge der Parlamentswahlen am Sonntag vor. Rund 30.000 Beamte sollen am Wahlabend die Sicherheit im Land gewährleisten. Die Stimmung in Frankreich ist aufgeheizt. Nach dem Rechtsruck in der ersten Wahlrunde liegt eine absolute Mehrheit des europaskeptischen Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen im Bereich des Möglichen. Ein Zweckbündnis des Mitte-Lagers von Präsident Emmanuel Macron und linken Kräften will einen Durchmarsch in der zweiten Runde verhindern - eine Strategie, die Demoskopen zufolge aufgehen könnte. Macron hatte mit Blick auf die Programme der Parteien am rechten und linken Rand vor der Gefahr eines Bürgerkriegs gewarnt.

Bereits im Wahlkampf war es zu Gewaltausbrüchen gekommen: Regierungssprecherin Prisca Thevenot berichtete davon, dass sie und ihr Team beim Anbringen von Wahlplakaten von einer Gruppe Jugendlicher attackiert worden seien. Ihr sei nichts geschehen. Doch ihr Stellvertreter und ein Partei-Aktivist wurden verletzt, wie sie der Zeitung "Le Parisien" sagte. Laut Innenminister Gerald Darmanin wurden im Zusammenhang mit dem Angriff auf Thevenots Team vier Personen festgenommen.

Darmanin kündigte für Sonntagabend, wenn die Wahlergebnisse bekanntgegeben werden, verschärfte Sicherheitsvorkehrungen an. Allein 5000 der für den Einsatz an diesem Abend eingeplanten Polizisten werden in Paris und Umgebung stationiert. Der Innenminister will damit "sicherstellen, dass die radikale Rechte und die radikale Linke die Situation nicht ausnutzen, um Chaos zu verursachen", wie er dem TV-Sender France 2 sagte.

ABSOLUTE MEHRHEIT FÜR RN WOHL WEIT WEG

Eine Umfrage vom Mittwoch lässt darauf schließen, dass das parteiübergreifende Abwehrbündnis gegen den RN eine absolute Mehrheit der Rechten vereiteln dürfte. Eine Harris Interactive-Umfrage für das Magazin "Challenges" ergab, dass der RN und seine Verbündeten nur 190 bis 220 Sitze in der 577 Mandate umfassenden Assemblee Nationale erhalten würden, während die im Mitte-rechts-Spektrum angesiedelten Republikaner (LR) 30 bis 50 Sitze gewinnen würden. Das Linksbündnis Neue Volksfront - in dem auch die linkspopulistische Partei Unbeugsames Frankreich (LFI) von Jean-Luc Melenchon mitmischt - kann demnach auf 159 bis 183 Mandate hoffen, während Macrons zentristisches Lager "Ensemble" mit 110 bis 135 Sitzen auf Platz drei landen würde.

In dieser politischen Konstellation gilt die Möglichkeit einer rechtsextremen Minderheitsregierung mit Unterstützung eines Teils der LR-Fraktion als ausgeschlossen. Die von RN-Chef Jordan Bardella angestrebte absolute Mehrheit von 289 Sitzen scheint damit außer Reichweite zu sein. Die Umfrage wurde veröffentlicht, nachdem mehr als 200 Kandidaten aus dem gesamten politischen Spektrum ihre Kandidatur zurückgezogen hatten, um den Weg für jene Kandidaten freizumachen, denen bessere Siegchancen gegen RN-Kandidaten eingeräumt wurden.

Die Aktien französischer Banken wie Credit Agricole <CAGR.PA> und BNP Paribas <BNPP.PA> stiegen. Morningstar-Analyst Johann Scholtz geht davon aus, dass die Umfrageergebnisse damit zu tun haben. Die Aussicht auf eine mögliche Rechtsregierung, die sich gegen eine weitere europäische Integration stemmt und Brüssel Mittel kürzen möchte, hatte vorige Woche an den Finanzmärkten für Nervosität gesorgt.

(Bericht von Dominique Vidalon, Jean-Stephane Brosse, Tangi Salaun; Ingrid Melander, geschrieben von Reinhard Becker Redigiert von Scot W. Stevenson Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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