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04.07.2024 /16:05:19
TOP-THEMA-Showdown in Haushaltsrunden - Ampel will Freitag Gesamtpaket vorlegen

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Womöglich entscheidende Sitzung im Kanzleramt

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Lindner: Noch Arbeit vor uns, kriegen wir aber hin

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Scholz: Brauchen Investitionen für Modernisierungsschub

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Streit in Ampel über erneute Aussetzung der Schuldenbremse
 
(durchweg neu mit Lindner und Scholz sowie weiteren Stimmen)
- von Christian Krämer und Andreas Rinke
Berlin, 04. Jul (Reuters) - Die zähen Beratungen der
Ampel-Spitzen zum Haushaltsentwurf 2025 sind am Donnerstag in
die womöglich entscheidende Phase gegangen. Am Nachmittag
wollten Kanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert
Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) erneut
zusammenkommen. Eine Nachtsitzung wurde im Vorfeld nicht
ausgeschlossen. Am Freitag sollen nach Möglichkeit Eckdaten für
den Haushalt als auch ein Maßnahmenpaket zur Stärkung des
Wirtschaftsstandorts präsentiert werden.

"Es ist noch einiges an Arbeit zu tun", sagte FDP-Chef Lindner am Donnerstag in Berlin bei einer Veranstaltung des Finanzministeriums. Zuerst seien natürlich eher kleinere Brocken weggeräumt worden. "Aber machen Sie sich keine Sorgen, kriegen wir alles hin." Scholz warnte bei einer Veranstaltung des Verbandes kommunaler Unternehmen, eine Modernisierung Deutschlands dürfe nicht an zu geringen Investitionen scheitern. "Unsere Infrastruktur, unsere Industrieanlagen, unsere Energie- und Wärmeversorgung - das alles braucht einen Modernisierungsturbo."

Seit Monaten ringen die Ampel-Partner darum, wie die milliardenschwere Lücke im Haushalt geschlossen werden sollte. Vertreter von SPD und Grünen haben immer wieder darauf gepocht, die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse erneut wegen einer Notlage auszusetzen. Die FDP lehnt dies ab und verweist auf den Koalitionsvertrag, in dem vorgesehen ist, die Schuldenbremse einzuhalten.

Lindner sagte, zweifelsfrei gebe es einen großen Investitionsbedarf. Die Schuldenbremse sei aber eingeführt worden, um die Ausgabenwünsche der Politik zu begrenzen. Die sogenannte Staatsquote - also das Verhältnis von Staatsausgaben zur Wirtschaftsleistung - liege mittlerweile bei fast 49 Prozent, nachdem sie vor der Corona-Pandemie noch 45 Prozent gewesen sei. "Der Staat hat sich also ausgedehnt." Oft fehle einfach der Mut, Prioritäten zu setzen.

Ähnlich äußerte sich der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest. Eine Lockerung der Schuldenbremse sei keine Lösung, um den Investitionsstau zu beheben. "Bei Forderungen nach mehr Staatsverschuldung wird vernachlässigt, dass es in einer Volkswirtschaft mit stark ausgelasteten Produktionskapazitäten und Arbeitskräfteknappheit nicht ohne weiteres möglich ist, die Wirtschaftsaktivität durch schuldenfinanzierte Staatsausgaben auszudehnen." Es käme dann eher zu einer Verdrängung vorhandener Aktivitäten.

WARNUNG AUS EIGENEN REIHEN - AMPEL DARF NICHT ZERBRECHEN

Die Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen planen jeweils für Freitagmorgen eine Sondersitzung. Dort sollen die Abgeordneten über die Haushaltsberatungen informiert werden. Von der FDP-Fraktion ist noch keine Sondersitzung bekannt.

Landwirtschaftsminister Cem Özdemir appellierte derweil an die eigene Regierung, die Koalition nicht am Haushaltsstreit zerbrechen zu lassen. "Wir sehen die Bilder in Frankreich mit Le Pen, wir sehen die Bilder in den USA mit der Angst, ob Trump zurückkommen könnte", sagte der Grünen-Politiker dem TV-Sender Welt mit Blick auf mögliche Wahlerfolge von Rechtspopulisten. "Umso wichtiger, dass Deutschland berechenbar und stabil bleibt und jetzt nicht irgendwie in Turbulenzen gerät."

Die Ampel will am Freitag auch ein Paket zur Stärkung des Standorts vorstellen. "Die Lebensarbeitszeit muss verlängert werden", sagte Lindner. Es müsse finanzielle Anreize geben, länger im Job zu bleiben. Außerdem gebe es einen Handlungsbedarf beim Bürgergeld. Es brauche mehr Anreize, damit Menschen einen Job annähmen.

(Redigiert von Scot W. Stevenson Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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