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02.10.2024 /12:41:21
FOKUS 1-Daimler-Truck-Vorstand - Tesla "hat sich entzaubert"

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Daum: Branchenkonsolidierung in Europa abgeschlossen

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Scheidender Chef: In diesem Jahr 6000 E-Lkw und -Busse

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Daum: Gewinn ist wichtiger als Umsatzrendite
 
(neu: Branchenkonsolidierung, Tesla, Elektro-Lkw)
München, 02. Okt (Reuters) - Der scheidende
Vorstandschef von Daimler Truck <DTGGe.DE> hält die
Konsolidierung der Lkw-Industrie in Europa für praktisch
abgeschlossen. Bei Fusionen der vier Branchenriesen Daimler
Truck, Volvo, Paccar <PCAR.O> (DAF) und Traton <8TRA.DE>
(MAN, Scania) "wird keine Kartellbehörde mitspielen", sagte
Martin Daum am Dienstagabend im Münchner Club Wirtschaftspresse.
"Wir wären die einzigen, die noch mit Iveco fusionieren
könnten - aber das macht keinen Sinn." Die Italiener seien im
Billigsegment tätig und betrieben viele Randgeschäfte. Bei der
angedachten Fusion der japanischen Daimler-Truck-Tochter Fuso
mit dem Rivalen Hino gehe es darum, sich in Südostasien
zu behaupten. Das südliche Afrika werde von China-Lkw dominiert.
"Die Chinesen werden irgendwann nach Europa expandieren wollen.
Man darf sie nicht belächeln."
Vor dem US-Elektroautobauer Tesla <TSLA.O>, der mit
seinem "Tesla Semi" auch auf den Lkw-Markt expandieren will, hat
Daum keine Angst. Mit seinem Messeauftritt auf der IAA
Nutzfahrzeuge habe sich Tesla "selbst entzaubert", sagte er. Das
Ziel von Elon Musk, bald 50.000 Tesla Semi pro Jahr zu
verkaufen, sei schon deshalb illusorisch, weil es auf dem Markt
nicht genügend Lkw-Reifen dafür gäbe.
Der 64-jährige Daum war als Vorstandschef zum 1. Oktober
von der früheren Scania-Managerin Karin Radström abgelöst
worden, gehört aber dem Vorstand noch bis zum Jahresende an, ehe
er in den Ruhestand geht. Im Sommer hatte er das Ertragsziel für
2024 zurücknehmen müssen - auch weil Daimler Truck sein
China-Geschäft wegen des darniederliegenden Marktes
abgeschrieben hat. Der Umsatz soll mit 53 bis 55 (2023: 55,9)
Milliarden Euro zwei Milliarden geringer ausfallen als geplant.
Die Umsatzrendite vor Zinsen und Steuern (Ebit-Marge) soll auf
8,0 bis 9,5 Prozent sinken.
 
Daum bekräftigte das Ziel, den Absatz von Bussen und Lkw
mit Elektroantrieb in diesem Jahr auf 6000 (2023: 3400) zu
steigern - das ist allerdings erst gut ein Prozent des gesamten
Absatzes. Entscheidend für die Durchsetzung von
Elektrofahrzeugen sei das Ladesäulennetz: "Überall, wo heute ein
Lkw steht, muss eine Ladesäule hin." Europa hinke mit dem Ausbau
weit hinterher.
 
Von einer raschen Erholung des chinesischen Marktes geht
Daum nicht aus - "nicht dieses und nicht nächstes Jahr". China
sei in einer tiefen Krise. Zudem setze das Land zurzeit wegen
des billigen Erdgases aus Russland auf gasbetriebene Lkw, die 70
bis 80 Prozent des Marktes ausmachten. Auch in Deutschland, dem
größten Lkw-Markt in Europa, sei "noch kein Licht am Ende des
Tunnels".
 
Die Diskussion über höhere Renditen bei Daimler Truck
hält Daum für verfehlt: "Die reine Fokussierung auf
Umsatzrenditen ist falsch. Für mich ist der absolute Profit
wichtiger." Aufsichtsratschef Joe Kaeser hatte gefordert, bei
der Rendite zu Rivalen wie Paccar <PCAR.O> und Volvo
aufzuschließen, die auf Margen von 14 bis 15 Prozent kommen. Das
sei eher "ein Gedankenexperiment", sagte Daum. Bei Daimler Truck
lag die bereinigte operative Umsatzrendite im vergangenen Jahr
bei 9,9 Prozent, offizielles Ziel bis 2030 sind mehr als zwölf
Prozent.

(Bericht von Alexander Hübner, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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