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09.10.2024 /12:39:35
FOKUS 1-Studie: Größte Ängste der Deutschen sind Inflation und Folgen der Migration

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Umfrage: Größte Angst ist Sorge vor höheren Lebenshaltungskosten



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Aber zunehmend mehr Sorge um Spannungen durch Einwanderung



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Deutsche fürchten sich zunehmend vor politischem Extremismus





(Mit Details, Zitaten aus Pressekonferenz, Hintergrund)
Berlin, 09. Okt (Reuters) - In Deutschland sorgen sich
die Menschen zunehmend über Spannungen durch den Zuzug von
Ausländern und über politischen Extremismus. Die größte Angst
ist allerdings 2024 das dritte Jahr in Folge die Inflation, wie
die R+V Versicherung zu einer am Mittwoch veröffentlichten
Umfrage unter rund 2400 Personen mitteilte. Die Sorge vor
steigenden Preisen treibt 57 Prozent der Befragten um. Auf Platz
zwei des Ängste-Rankings folgt die Befürchtung, dass der Staat
durch Geflüchtete überfordert sein könnte (56 Prozent), vor der
Sorge vor zu teurem Wohnraum (52 Prozent).

Am stärksten stiegen in diesem Jahr jedoch die Sorgen bei Themen rund um Migration. So befürchten 51 Prozent (plus vier Prozentpunkte) der Bevölkerung Spannungen durch Einwanderung und 46 Prozent (plus acht Punkte) wachsenden politischen Extremismus.

INTEGRATION - "DAS WURDE SCHLICHT VERSCHLAFEN"

"Grundlegende Probleme bei der Zuwanderung und Integration wurden lange nicht angegangen ? das wurde schlicht verschlafen", sagte die Politikwissenschaftlerin Isabelle Borucki von der Universität Marburg. "Hier ist die Politik dringend gefordert -und zwar ohne die aufgeladene Stimmung in Teilen der Gesellschaft noch weiter anzuheizen."

In Ostdeutschland fürchten laut Umfrage jeweils mehr Menschen als im Westen, dass die Zuwanderung den Staat überfordert und dass es Spannungen durch weiteren Zuzug gibt. "Gerade im Osten herrscht in Teilen der Gesellschaft das Gefühl, ungleich und unfair behandelt zu werden", erklärte Borucki, die die Studie als Beraterin begleitet: "Das Fremde, die Geflüchteten und deren Zuzug werden als Bedrohung empfunden." Hier gebe es auch einen Zusammenhang mit den jüngsten Wahlergebnissen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg. Dort hatten die AfD und der BSW stark zugelegt.

Öffentliche Diskussionen darüber wirkten polarisierend und verstärkten die Ängste rund um Migration, sagte Borucki. "Es herrscht ein Kulturkampf, der auch hoch emotionalisiert geführt wird." Dies habe ein gewisses Spaltungspotenzial für die Gesellschaft - "auch gerade weil die AfD dieses Thema bedient und damit die anderen Parteien vor sich her treibt".

Seit 1992 lag die Furcht vor hohen Lebenshaltungskosten in der R+V Studie 14-mal auf Platz eins und siebenmal auf Platz zwei. "Wenn es um den eigenen Geldbeutel geht, reagieren die Deutschen sensibel", sagte Studienleiter Grischa Brower-Rabinowitsch und ergänzte zur aktuellen Umfrage: "Hohe Tarifabschlüsse, Inflationsprämien und spürbar langsamer steigende Preise konnten den Deutschen ihre Sorgen nicht nehmen."

Doch es gibt auch positive Signale: Insgesamt hat sich die Stimmung 2024 etwas aufgehellt. Denn der sogenannte Angstindex ? der durchschnittliche Wert aller gemessenen Ängste ? fiel auf 42 Prozent, von 45 Prozent im Vorjahr. Bereits zum 33. Mal wurden Menschen nach ihren größten Sorgen rund um Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Umwelt und Gesundheit befragt.

Rund ein Jahr vor der Bundestagswahl 2025 befürchtet fast jede und jeder zweite Deutsche, dass Politiker überfordert sind ? Platz sechs im Ranking. "Diese Unzufriedenheit muss die Politik ernst nehmen", betonte Borucki. Demnach fallen die Schulnoten für das politische Personal in Regierung und Opposition miserabel aus. "66 Prozent der Befragten vergeben die Note vier oder schlechter - ein katastrophales Urteil."

Auffällig gelassen sind die Deutschen beim Blick auf den Jobmarkt. Nur 30 Prozent der Befragten fürchten steigende Arbeitslosenzahlen. Noch geringer ist die Sorge um den eigenen Arbeitsplatz. Sie liegt bei 22 Prozent und damit auf dem letzten Platz im Ranking. "Noch weniger Angst um den eigenen Job hatten die Menschen noch nie in der Geschichte der Studie", hieß es.

(Bericht von Klaus Lauer;redigiert von Christian Rüttger-
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