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09.10.2024 /11:56:31
FOKUS 2-Zweites Exportplus in Folge: "Hoffnungsschimmer, aber keine Entwarnung"

(neu: BGA, Nagel, Grünen-Politikerin zur Schuldenbremse)

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Exporte steigen im August zum Vormonat um 1,3 Prozent

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Ausfuhren in die USA ziehen besonders stark an

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DIHK: Noch kein Grund zur Entwarnung

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BGA-Präsident spricht von Atempause
 
Berlin, 09. Okt (Reuters) -

Inmitten der Konjunkturflaute senden die deutschen Exporteure ein Hoffnungszeichen. Die Ausfuhren stiegen im August überraschend zum Vormonat um 1,3 Prozent auf 131,9 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Dabei sticht insbesondere ins Auge, dass 5,5 Prozent mehr Waren in die USA geliefert wurden als im Juli. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) sieht in den Ausfuhr-Zahlen einen Hoffnungsschimmer, aber noch keinen Grund zur Entwarnung. Der Außenhandelsverband BGA spricht von einer Atempause. "Zum zweiten Mal in Folge sehen wir ein leichtes Plus bei den Exporten. Das mag beruhigen, darf es aber nicht", sagte Dirk Jandura, Präsident des Bundesverbands Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA). Denn das deutsche Exportwachstum bleibe weiter hinter der globalen Dynamik zurück. "Der gefährliche Mix aus konjunktureller, struktureller und administrativer Krise hat den deutschen Export immer noch fest im Griff."

Laut Chefökonom Cyrus de la Rubia von der Hamburg
Commercial Bank unterstreicht die starke Zunahme der Ausfuhren
in die USA, dass es den Vereinigten Staaten konjunkturell
deutlich besser gehe als Deutschland. In die EU-Länder und nach
China wurden die Exporte ebenfalls erhöht. Gleichzeitig sei
festzustellen, dass die Exportauftragseingänge gemäß dem
Einkaufsmanagerindex in den vergangenen Monaten beschleunigt
gefallen seien. "Wir bleiben daher skeptisch, ob die Exporte
nunmehr nachhaltig an Fahrt gewinnen."

Die deutschen Exporte schlagen sich aus Expertensicht in diesem Jahr allerdings besser als erwartet. Immerhin lagen die Ausfuhren in den ersten acht Monaten des Jahres fünf Mal im Plus. "Der noch immer hohe Auftragsbestand hilft der deutschen Exportwirtschaft. Die Industrie zehrt also von der Vergangenheit", analysiert Chefökonom Thomas Gitzel von der Liechtensteiner VP Bank. Zuletzt hat der kriselnde Sektor allerdings spürbar Neugeschäft eingebüßt. Nach zwei Anstiegen in Folge brachen die Bestellungen im August um 5,8 Prozent ein.

DEBATTE ZUR REFORM DER SCHULDENBREMSE

Die Zeichen stehen laut Bundesbankchef Joachim Nagel wohl auf Rezession. Das zweite Halbjahr scheine konjunkturell deutlich schwächer auszufallen, als noch vor einem halben Jahr gedacht, sagte er am Dienstagabend in Berlin. Er verwies zugleich darauf, dass sein Haus "sehr konstruktive Vorschläge" zur Reform der Schuldenbremse gemacht habe. Er sei überzeugt, dass dieses Thema auch nächstes Jahr wieder konstruktiv diskutiert werde. Es gehe dabei nicht darum, die Schuldenbremse auszuhebeln. "Es geht darum, dass wir Akzente setzen können und setzen müssen, damit der Wirtschaftsstandort Deutschland wieder stärker wird."

Ohne massive staatliche Ausgaben wird die strauchelnde
deutsche Wirtschaft nach Einschätzung der Grünen nicht zurück
auf den Wachstumskurs kommen. "Die Konjunkturprognose ist nicht
gut", sagte die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der
Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic. Das
Wirtschaftsministerium hat bestätigt, dass die Bundesregierung
die Konjunkturprognose für 2024 am Nachmittag nach unten
korrigieren wird und darin mit einem zweiten Rezessionsjahr in
Folge rechnet. Es gebe zu wenig Investitionen und der Konsum sei
zu schwach, sagte Mihalic. Deswegen seien nun massive private,
aber auch staatliche Investitionen gefragt. Es brauche auch eine
Debatte zur Reform der Schuldenbremse. Denn der Staat könne mehr
tun, um der Wirtschaft Verlässlichkeit zu geben.

(Bericht von Reinhard Becker, Mitarbeit Christian Krämer, redigiert von Myria Mildenberger - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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