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18.09.2024 /12:48:10
STICHWORT-Welche Pager sind im Libanon explodiert und warum?

18. Sep (Reuters) - Bei der Explosion Tausender Pager sind im Libanon zahlreiche Menschen verletzt und mindestens zwölf getötet worden. Offenbar waren viele der Opfer Kämpfer der radikal-islamischen Hisbollah-Miliz, die diese früher weit verbreiteten kleinen Kommunikationsgeräte nutzt, die im Gegensatz zu Handys nicht geortet werden können. Nachfolgend einige Fragen und Antworten zu dem Thema:

WANN UND WO EXPLODIERTEN DIE PAGER?

Die Detonationen begannen am Dienstag um etwa 14.30 Uhr MESZ in südlichen Stadtteilen der libanesischen Hauptstadt Beirut und in der östlich gelegenen Bekaa-Ebene. Beide Regionen gelten als Hochburgen der Hisbollah-Miliz. Nach Aussagen von Reuters-Mitarbeitern und Bewohnern der betroffenen Gebiete waren eine Stunde später immer noch Explosionen zu hören.

Auf Videoaufnahmen ist zu sehen, wie einige Pager unmittelbar vor der Detonation klingelten. Daher hatten viele Nutzer die Geräte in der Hand oder vor dem Gesicht, um die Nachricht auf dem Display zu checken.

WIE SCHWER WAREN DIE EXPLOSIONEN?

Die Detonationen waren relativ begrenzt, ergab eine Durchsicht von Videoaufnahmen durch die Nachrichtenagentur Reuters. In zwei Fällen, die von Sicherheitskameras in Supermärkten gefilmt wurden, scheinen nur die Träger der Pager und Personen in ihrer unmittelbaren Nähe verletzt worden zu sein.

Aufnahmen aus Krankenhäusern und in Sozialen Medien zeigten Menschen mit Verletzungen im Gesicht, fehlenden Fingern und klaffenden Wunden an der Hüfte, wo Pager meist getragen werden. Größere Feuer oder Schäden an Gebäuden gab es offenbar nicht.

WELCHER PAGER-TYP IST EXPLODIERT?

Einem Insider zufolge hatte die Hisbollah die Geräte bei der taiwanischen Firma Gold Apollo bestellt und vor einigen Monaten erhalten. Er identifizierte das Modell anhand von Fotos als "AR924". Eine Durchsicht von Bildern explodierter Pager durch Reuters ergab, dass die Gehäuse der Geräte und Aufkleber auf der Rückseite den Produkten von Gold Apollo entsprechen.

WOHER KAMEN DIE EXPLODIERTEN PAGER?

Der Gründer der taiwanischen Firma betonte, die fraglichen Geräte seien nicht von seinem Unternehmen produziert worden. Es handele sich um Pager, die von BAC Consulting in Lizenz hergestellt wurden. Die ungarische Firma habe das Recht, "unser Markenzeichen für den Verkauf von Produkten in bestimmten Regionen zu verwenden, aber das Design und die Herstellung der Produkte liegen vollständig in den Händen von BAC", sagte Hsu Ching-kuang. Er erwähnte außerdem, dass die Lizenzüberweisungen über den Nahen Osten gelaufen seien. Details hierzu nannte er aber nicht. BAC war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.

WIE WURDEN DIE PAGER ZUR EXPLOSION GEBRACHT?

Einige Diplomaten- und Sicherheitskreise tippen darauf, dass die Batterien der Pager explodiert sind, vermutlich durch gezielte Überhitzung. An dieser Version gibt es aber Zweifel. "Wir reden hier von einer relativ kleinen Batterie, die in Flammen aufgeht", sagte Paul Christensen, Fachmann für die Sicherheit von Lithium-Ionen-Batterien an der Universität von Newcastle. "Wir reden hier nicht von einer tödlichen Explosion. Meine Intuition sagt mir, dass das sehr unwahrscheinlich ist."

Ofodike Ezekoye, Professor für Maschinenbau an der Universität von Texas, wies zudem darauf hin, dass nur voll aufgeladene Batterien in Flammen aufgehen oder explodieren könnten. "Bei weniger als 50 Prozent Ladung entstehen zwar Gase und Dämpfe, aber keine Brände oder Explosionen. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass jeder eine voll geladene Batterie hatte."

Andere Insider vermuten daher, der israelische Geheimdienst Mossad habe die Geräte abgefangen und mit kleinen Sprengladungen versehen. Dem Buch "Rise and Kill First" des Autors Ronen Bergman aus dem Jahr 2018 hatte Israel bereits zuvor Explosivstoffe in Handys von Zielpersonen eingeschmuggelt. Hacker haben zudem demonstriert, wie sie durch ein Schadprogramm eine Überhitzung der Geräte provozieren und in einigen Fällen eine Explosion auslösen können.

(Zusammengestellt von Laila Bassam, Ben Blanchard, Maya Gebeily, Timour Azhari, Christopher Bing, Raphael Satter, James Pearson, Matt Spetalnick, Jonathan Landay, Humeyra Pamuk, Phil Stewart, Raphael Satter und David Brunnstrom; writing by Maya Gebeily and Matt Spetalnick; geschrieben von Hakan Ersen. Redigiert von Hans Busemann Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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