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14.10.2024 /17:56:13
FOKUS 2-Automesse - Europas Autobauer stellen sich der Konkurrenz aus China

(Weitere Zitate Stellantis-Chef Tavares)

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Harter Wettbewerb aus China erwartet

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BYD: EU-Zölle schaden E-Autosmarkt

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Tavares: EU-Strafzölle treffen Europäer
 
Paris, 14. Okt (Reuters) - Die kriselnden europäischen
Autobauer und ihre neuen Konkurrenten aus China treffen auf dem
Pariser Autosalon einmal mehr zum Kräftemessen aufeinander. Nach
einem corona-bedingt schwachen Auftritt vor zwei Jahren nutzen
auch fast alle deutschen Autobauer wieder die wichtigste Messe
des Kontinents, die sich in zweijährigem Turnus mit der IAA
Mobility in Deutschland abwechselt, als Bühne für ihre
Neuheiten. Auf der anderen Seite treten neun chinesische Marken,
darunter der E-Auto-Weltmarktführer BYD, ebenfalls an
und setzen die traditionellen Hersteller unter Druck.

Der scheidende Chef des Opel-Mutterkonzerns Stellantis, Carlos Tavares, erklärte am Montagmorgen im Radiosender RTL, es seien große Anstrengungen nötig, um mit der Konkurrenz aus China mitzuhalten. Die Kundschaft entscheide, welche Marken überlebten. Chinesische Rivalen hätten Stellantis sogar angeboten, manche der 14 Marken des viertgrößten Autobauers weltweit zu kaufen, ergänzte er später. Tavares habe das jedoch abgelehnt, weil die teils mehr als ein Jahrhundert alten europäischen Marken ein wertvolles Vermögen für ein Unternehmen seien. Werksschließungen und Stellenabbau, worüber bei Volkswagen <VOWG_p.DE> gerungen wird, schloss er für Stellantis nicht aus. Der Konzernchef hat nicht mehr lange Zeit, die Geschicke zu bestimmen. Vergangene Woche kündigte Stellantis an, dass Tavares (66) nach Ablauf seines Vertrages 2026 ausscheidet. Zudem wechselte der Konzern mehrere Manager aus ? kurz nach einer Gewinnwarnung.

"Das ist China gegen Europa", sagte Phil Dunne, Chef der Strategieberatung Stax. Wie in einer Kampfarena verteidigten die Europäer auf der Messe ihr Territorium, während die Chinesen versuchten, Land zu gewinnen. So kündigte als jüngstes Beispiel der staatliche südchinesische Autobauer GAC an, sich in Europa auf die Suche nach einem Produktionsstandort zu machen. Von mehr als einem halben Dutzend Elektroauto-Herstellern aus China wie BYD, Chery oder Leapmotor sind solche Pläne schon bekannt.

ALARMGLOCKEN

Die Anbieter aus China drängen mit Macht auf den europäischen Automarkt, da am Heimatmarkt der Konkurrenzkampf mit mehr als 100 heimischen E-Autoherstellern groß ist. Das geht mit Überkapazitäten und einem Preiskampf einher, unter dem auch die deutschen Autobauer an ihrem wichtigsten Absatzmarkt leiden. Absatzrückgang in China zwang neben der schwachen Autokonjunktur in Europa in den letzten Wochen Volkswagen <VOWG_p.DE>, Mercedes-Benz <MBGn.DE> und BMW <BMWG.DE>, ihre Gewinnprognosen zu senken.

Zudem schotten die USA ihren Markt gegen chinesische Rivalen durch einen Importzoll von 100 Prozent ab. Das macht Europa als Absatzziel der Chinesen umso wichtiger, auch wenn die Europäische Union mit Zöllen von insgesamt bis zu 45 Prozent E-Autoimporte aus China erschweren will. Die EU rechtfertigt das mit unfairen Subventionen in China. Die Regierung in Peking bestreitet das. Die Verhandlungen darüber laufen noch. Tavares warnte, die Zölle trieben die chinesischen Hersteller erst recht zur Ansiedlung von Werken in Europa. Dadurch entstünden Überkapazitäten, die heimische Hersteller wiederum zum Schließen von Fabriken zwängen.

Obwohl chinesische Autohersteller den Schritt der EU kritisierten, hat keiner von ihnen bisher angekündigt, die Preise wegen der Einfuhrkosten zu erhöhen. Sie bieten ihre E-Autos teilweise etwas billiger an als die traditionellen Hersteller. Der von GAC in Paris gezeigte kompakte Geländewagen "Aion V" etwa soll Mitte 2025 auf einigen europäischen Märkten für weniger als 40.000 Euro angeboten werden.

Die Zölle und hohen Preise von E-Autos schreckten die Verbraucher ab, sagte BYD-Vizepräsidentin Stella Li. "Wer zahlt die Rechnung? Die Verbraucher. Das macht den Leuten große Sorgen." BYD kommt mit einem Zollaufschlag von 17 Prozent auf die bisher gültigen zehn Prozent vergleichsweise günstig davon. Der Aufschlag sei unfair, bekräftigte Li.

"Bei den Europäern läuten die Alarmglocken", sagt Berater Dunne. "Sie haben erkannt, dass sie etwas ziemlich Radikales tun müssen und dafür nur ein paar Jahre Zeit haben." Das Augenmerk richtet sich dabei auf niedrigere Kosten, schnellere Entwicklung und neue digitale Funktionen im Cockpit. Die Platzhirsche Renault und Stellantis mit seinen französischen Marken Peugeot und Citroen dominierten den Pressetag am Montag. Auch Audi und BMW rollen neue E-Modelle ins Rampenlicht. Volkswagen wartet mit dem Tayron auf, einem neuen mittelgroßen SUV - allerdings nicht als reines Elektroauto.

(Bericht von Nick Carey, Gilles Guillaume, Victoria Waldersee, Dominique Patton, geschrieben von Ilona Wissenbach und Birgit Mittwollen. Redigiert von Philipp Krach. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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