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09.10.2024 /17:11:05
TOP-THEMA-Öffentlicher Dienst fordert für Bund und Kommunen acht Prozent mehr Geld

(neu: Reaktionen, Einzelheiten)

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Verdi und DBB beschließen Forderung für Tarifrunde

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Verdi-Chef Werneke: "Extreme Belastungssituation"

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Gewerkschaft der Polizei hat hohe Erwartungen an Faeser
 
- von Alexander Ratz
Berlin, 09. Okt (Reuters) - Die Gewerkschaften fordern
für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst
bei Bund und Kommunen in der anstehenden Tarifrunde acht Prozent
mehr Geld, mindestens aber 350 Euro monatlich. Das teilten die
Dienstleistungs-Gewerkschaft Verdi und der Deutsche Beamtenbund
(DBB) am Mittwoch in Berlin mit. Verdi-Chef Frank Werneke sagte,
es gebe an vielen Stellen des öffentlichen Dienstes eine
"extreme Belastungssituation". Der DBB-Bundesvorsitzende Ulrich
Silberbach räumte zwar ein, die Forderungen seien ambitioniert,
"aber keineswegs zu hoch". Beschäftigte der Branche arbeiten
etwa bei der Polizei oder in Krankenhäusern.

Die Arbeitgeberseite wird in den Verhandlungen vertreten von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) für den Bund und die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA). Angesichts der angespannten Haushaltslage vor allem auch im Bund dürfte den Tarifparteien harte Verhandlungen bevorstehen. Werneke berichtete, Erhebungen zeigten, dass mehr als die Hälfte der Beschäftigten sich derzeit nicht vorstellen könnten, nach den jetzigen Rahmenbedingungen das Renteneintrittsalter zu erreichen. Die Beschäftigten müssten an der allgemeinen Einkommensentwicklung teilhaben, auch um die Binnennachfrage zu stabilisieren.

"SEHR HOHE ERWARTUNGSHALTUNG"

Die Forderung der Gewerkschaften setzen sich nach Angaben Wernekes aus einer Kombination von Zuschlägen und einer allgemeinen Einkommenserhöhung zusammen. So fordere man vor allem eine Erhöhung bei den Sonntags- und Feiertagszuschlägen sowie den Rufzeiten. Zudem brauchten die Beschäftigten mehr Zeitautonomie. Zusätzlich gefordert würden drei extra freie Tage für alle Beschäftigten und vier Tage für Gewerkschaftsmitglieder. Wichtig für die Gewerkschaften seien zudem Überstundenzuschläge für Teilzeitbeschäftigte. Auszubildende sollen demnach 200 Euro mehr pro Monat erhalten.

Werneke sagte, er rechne mit einer "sehr schwierigen Verhandlungsrunde". Die erste Runde ist laut Verdi für den 24. Januar 2025 angesetzt, danach sind demnach zwei weitere Treffen für den 17. und 18. Februar sowie den 14. bis 16. März terminiert. Auf Gewerkschaftsseite sind an den Verhandlungen auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP), die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und die IG BAU beteiligt.

Silberbach betonte, die Forderung sei berechtigt, weil eine zukunftsfähige öffentliche Verwaltung gebraucht werde. Der GdP-Vorsitzende Jochen Kopelke sagte, Grenzkontrollen und Sicherheitspakete seien derzeit in aller Munde, müssten aber von der Polizei durchgesetzt werden. Es gehe hier um die Menschen, die den Extremismus bekämpften. Dementsprechend blicke er "mit einer hohen Erwartungshaltung" darauf, was seine Dienstherrin, Innenministerin Faeser, nun anbieten werde. Im übrigen seien auch alle bereit, für mehr Geld "auf die Straße zu gehen".

"SEHR ROBUSTE LOHNFORDERUNG"

Chefökonom Thomas Gitzel von der VP Bank nannte die Forderung sportlich. "Am Ende der schwierigen Tarifverhandlungen dürfte ein deutliches Lohnplus zu Buche stehen - allerdings werden es keine acht Prozent sein." Letzteres gebe die schwache konjunkturelle Lage und die daraus resultierenden geringeren Steuereinnahmen nicht her. Die Hamburg Commercial Bank (HCOB) sieht die "sehr robuste Lohnforderung" insofern als nachvollziehbar, als die Geldentwertung vielen privaten Haushalten immer noch in den Knochen stecke. "Die Zeit der überdurchschnittlichen Lohnabschlüsse dürfte noch nicht vorbei sein, trotz der niedrigen Inflation", sagte HCOB-Chefvolkswirt Cyrus de la Rubia der Nachrichtenagentur Reuters.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte zuvor bei der Vorstellung der Herbstprojektion der Bundesregierung mit Blick auf alle Branchen gesagt, es sei dieses Jahr mit durchschnittlichen Lohnabschlüssen von fünf Prozent zu rechnen. Für 2025 gehe er dann noch von mehr als drei Prozent aus.

(Mitarbeit: Klaus Lauer und Christian Krämer. Redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich an berlin.newsroom@tr.com)

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