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Trudeau zunächst weiter im Amt |
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Trudeaus Liberale in Umfragen zurück |
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Wahl muss bis Ende Oktober stattfinden |
(Neu: Ankündigung von Trudeau, Hintergrund) |
- von David Ljunggren und Ismail Shakil |
Ottawa, 06. Jan (Reuters) - Kanada steht vor einem |
Regierungswechsel. Ministerpräsident Justin Trudeau kündigte am |
Montag seinen Rücktritt als Regierungschef und als Vorsitzender |
der Liberalen an, sobald seine Partei einen Nachfolger bestimmt |
habe. Der Schritt war angesichts schlechter Umfragewerte |
erwartet worden. Trudeau zufolge nimmt auch das Parlament nicht |
wie ursprünglich geplant am 27. Januar die Arbeit wieder auf, |
sondern erst am 24. März. Damit ist unklar, wie lange Trudeau |
weiter an der Macht bleiben wird: Zwar benötigen die Liberalen |
meist Monate, um einen Nachfolger zu bestimmen. Die |
Konservativen könnten jedoch Ende März einen Misstrauensantrag |
stellen und möglicherweise eine Wahl noch vor dem spätesten |
Termin im Oktober erzwingen. |
"Ich beabsichtige, als Ministerpräsident und als Parteivorsitzender zurückzutreten, nachdem die Partei ihren nächsten Vorsitzenden durch ein sorgfältiges, landesweites Auswahlverfahren bestimmt hat", sagte Trudeau vor seinem Amtssitz Rideau Cottage in Ottawa in einer live übertragenen Ansprache. Trudeau ist seit November 2015 im Amt. Umfragen zufolge sehen seine Liberalen einer schweren Niederlage bei der nächsten Wahl entgegen, egal wer sie anführt. Seiner Regierung werden insbesondere hohe Preise und Wohnungsmangel angelastet.
Medienberichten zufolge sind mehrere Personen als Nachfolger im Gespräch, darunter die ehemalige Vize-Ministerpräsidentin und Ex-Finanzministerin Chrystia Freeland, die früher für die Nachrichtenagentur Reuters arbeitete. Ihr Rücktritt im vergangenen Monat ließ die Kritik an Trudeau anschwellen. Auch sein Berater Mark Carney, ehemaliger Chef der Bank of Canada sowie der Bank of England, sowie Außenministerin Mélanie Joly und der neue Finanzminister Dominic LeBlanc werden in den Medien diskutiert. Die Konservativen werden von Pierre Poilievre angeführt, der seit Anfang 2022 an Bekanntheit gewonnen hat. Damals unterstützte er Lastwagenfahrer, die bei einem Protest gegen Corona-Impfvorschriften das Zentrum von Ottawa besetzt hatten.
Die politische Krise kommt für Kanada zur Unzeit. Der designierte US-Präsident Donald Trump hat angekündigt, einen Zoll von 25 Prozent auf alle Einfuhren aus Kanada zu erheben. Das dürfte die kanadische Wirtschaft schwer treffen. Trump tritt sein Amt am 20. Januar an. Seine Beziehung zu Trudeau gilt als schwierig. Trump hat zuletzt wiederholt über die Aufnahme Kanadas als 51. Bundesstaat der USA gescherzt und Trudeau als "Gouverneur" bezeichnet. Kanada hat 40 Millionen Einwohner, etwa so viele wie Kalifornien.
(Geschrieben von Ralf Bode und Scot W. Stevenson, redigiert von Sabine Ehrhardt Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)