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22.01.2025 /13:06:23
FOKUS 1-Staatsanwaltschaft vor Cum-Ex-Anklagen - Verjährung verhindern

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Großbanken auf der Prioritätenliste



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Staatsanwaltschaft will Verjährungen verhindern



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In einigen Fällen ist es aber zu spät





(Neu: Aussagen Staatsanwaltschaft Köln, Stellungnahme Deutsche Bank)

Düsseldorf, 22. Jan (Reuters) - Die Staatsanwaltschaft
Köln will im Zusammenhang mit Cum-Ex bald neue Anklagen erheben.
"Es sind weitere Anklagen konkret in Vorbereitung", sagte Tim
Engel, Chefermittler in Sachen Cum-Ex bei der Staatsanwaltschaft
Köln, am Mittwoch in Düsseldorf. Auf der Prioritätenliste der
Ermittler stehen dabei die Deutsche Bank <DBKGn.DE> und die
ehemalige WestLB ganz oben. "Das betrifft auch die beiden
Komplexe, die Sie angesprochen haben", sagte er auf eine
entsprechende Frage. Insgesamt liegen rund 130
Ermittlungsverfahren zu dem Steuerskandal mit etwa 1700
Beschuldigten bei der Behörde. Es gehe nun auch darum,
Verjährungen zu verhindern, betonte Engel. Dies werde sich in
einigen Fällen aber nicht verhindern lassen - und sei teils auch
schon eingetreten.

Bei den Cum-Ex-Geschäften verschiedener Banken, Investmentgesellschaften und Händler war dem deutschen Staat ein Schaden in Milliardenhöhe entstanden. Anleger ließen sich dabei eine einmal gezahlte Kapitalertragssteuer auf Aktiendividenden mit Hilfe von Banken mehrfach erstatten. Dazu verschoben sie um den Stichtag der Dividendenzahlung herum untereinander Aktien mit - also cum - und ohne - ex - Dividendenanspruch. Die Fälle hatten weite Kreise gezogen, bei zahlreichen Banken und Anwaltskanzleien gab es deswegen immer wieder Durchsuchungen. Betroffen war 2022 unter anderem auch die Deutsche Bank. Aber auch bei Landesbanken oder ihren Nachfolgern klopften die Ermittler an, betroffen war etwa die WestLB-Nachfolgerin Portigon. Die Deutsche Bank bekräftigte, sie habe keine organisierten Cum-Ex-Geschäfte auf eigene Rechnung getätigt. "Wir haben in der Vergangenheit jedoch schon immer gesagt, dass die Deutsche Bank in Cum-Ex-Geschäfte von Kunden eingebunden war", fügte das Institut hinzu. Dies habe auch Bankdienstleistungen wie beispielsweise die Finanzierung von Wertpapiertransaktionen beinhaltet. "Diese Finanzierungen sieht die Deutsche Bank heute auch sehr kritisch und kooperiert seit Beginn der Untersuchungen mit den Ermittlungsbehörden hierzu."

Die Staatsanwaltschaft Köln spielt eine zentrale Rolle
bei den Ermittlungen - auch weil das Bundeszentralamt für
Steuern seinen Hauptsitz im benachbarten Bonn hat. Zwölf
Cum-Ex-Anklagen hat die Behörde bisher erhoben, die in 16
Gerichtsverfahren mündeten. Die Ankläger haben dabei zahlreiche
Verurteilungen erwirkt und Gelder für den Fiskus zurückgeholt.
Die Kölner Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker war durch die
Ermittlungen bekannt geworden, sie hatte die Behörde aber im
vergangenen Mai verlassen. Sie wechselte zur Organisation
Finanzwende und kritisierte, Finanzverbrechen würden in
Deutschland nur unzureichend verfolgt.
 
"Die Strafverfolgung wird noch viele Jahre dauern",
sagte Brorhilker-Nachfolger Engel nun in Düsseldorf. Die
Ermittler hätten ganze Bank-Archive sowie zahllose E-Mails
gesichert,müssten nun einen "gewaltigen Datenpool" auswerten
- und hätten es "in der Regel nicht mit geständigen Angeklagten
zu tun". Die Behörde müsse Schuld und Tatbeitrag eines jeden
Verdächtigen nachweisen. "Das braucht seine Zeit", sagte Engel.
In etwa 34 Tatkomplexen seien einzelne Verjährungen eingetreten
- einige Taten könnten also nicht mehr verfolgt werden. In den
"großen Bankenverfahren" habe die Behörde aber
Verjährungsunterbrechungen erwirkt. Ziel bleibe es, so viel
Steuergeld wie möglich von den Tatbeteiligten zurückzuholen.

(Bericht von Matthias Inverardi, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bittean unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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