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US-Milliardär mit Gastbeitrag in der "Welt am Sonntag"
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"Welt"-Chefredakteur und -Herausgeber verteidigen Veröffentlichung
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Streit innerhalb der Redaktion
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Musk wird immer wieder Einmischung in ausländische Wahlkämpfe vorgeworfen
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(Neu: "Welt"-Stellungnahme, mehr Kontext) |
Berlin, 28. Dez (Reuters) - Der US-Milliardär Elon Musk |
greift erneut zugunsten der AfD in den Bundestagswahlkampf ein. |
In einem am Samstag online veröffentlichten Gastbeitrag für die |
"Welt am Sonntag" schrieb der Berater des designierten |
US-Präsidenten Donald Trump, dass die rechtspopulistische Partei |
"der letzte Funke Hoffnung" für Deutschland sei. Damit |
bekräftigte er ein Statement, das er vor kurzem auf seiner |
Online-Plattform X getätigt hatte, erstmals in einem großen |
deutschen Medium. Innerhalb der "Welt"-Redaktion sorgte der |
Gastbeitrag für Kontroversen: Die Chefin des Meinungsressorts |
reichte nach eigenen Angaben wegen der Veröffentlichung ihre |
Kündigung ein. |
Der Chef des E-Autobauers Tesla <TSLA.O> und des Raumfahrtunternehmens SpaceX lobte in seinem Beitrag unter anderem die AfD-Ansätze zum "Abbau staatlicher Überregulierung, zur Steuersenkung und Deregulierung des Marktes" und auch beim Thema Zuwanderung. Während die AfD vom Bundesverfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall und von einigen Landesverfassungsschutzbehörden als gesichert rechtsextrem eingestuft wird, behauptet der in Südafrika geborene Musk etwas anderes. Für die "Welt am Sonntag" hielt der designierte Chefredakteur Jan Philipp Burgard in einem Kommentar eine Gegenrede zu Musk. Er schreibt: "Musks Diagnose ist korrekt, doch sein Therapieansatz, nur die AfD könne Deutschland retten, ist fatal falsch." Die Leiterin des Meinungsressorts der "Welt" und "Welt am Sonntag", Eva Marie Kogel, trat wegen der Veröffentlichung des Beitrags von Musk zurück. "Heute ist in der Welt am Sonntag ein Text von Elon Musk erschienen. Ich habe gestern nach Andruck meine Kündigung eingereicht", schrieb sie am Samstag auf X.
Die "Welt" rechtfertigte hingegen die Veröffentlichung. "Demokratie und Journalismus leben von Meinungsfreiheit. Dazu gehört es, sich auch mit polarisierenden Positionen auseinanderzusetzen und diese journalistisch einzuordnen", erklärten Burgard und der zukünftige "Welt"-Herausgeber Ulf Poschardt auf Anfrage von Reuters. Das werde auch künftig den Kompass der "Welt" bestimmen. Man wolle sich noch entschiedener als "Forum für solche Debatten" entwickeln.
Musk hatte bereits mehrfach Sympathien für die AfD geäußert, die in Wahlumfragen zweitstärkste Kraft ist. So hatte er am 20. Dezember auf X gepostet: "Nur die AfD kann Deutschland retten" und wenig später als Reaktion auf den Anschlag von Magdeburg Bundeskanzler Olaf Scholz scharf attackiert und zum Rücktritt aufgefordert.
Kanzler Scholz hatte betont gelassen auf die früheren Äußerungen des US-Milliardärs reagiert, der häufig polarisiert. Der SPD-Politiker verwies damals auf die Meinungsfreiheit, die auch für Milliardäre gelte, und fügte hinzu: "Das Urteil (Musks) ist nicht so abgewogen, wie der ökonomische Erfolg des Unternehmens groß ist." Die demokratischen Parteien Deutschlands würden dies anders sehen als der US-Unternehmer, betonte der Kanzler und sagte, dass er dabei für "alle anderen Parteien im demokratischen Verfassungsbogen, also von SPD, CDU, CSU, FDP und Grünen gleichermaßen" spreche.
Musk hatte bereits im US-Wahlkampf Millionen für den Wahlsieg von Trump ausgegeben und plädiert nun als dessen Berater für einen radikalen Abbau staatlicher Behörden und Regulierungseinrichtungen. Kritiker werfen ihm vor, damit eine Kontrolle über seine Online-Plattform X abschaffen zu wollen - und deshalb auch die EU massiv kritisiert. Musk hat sich mit seinem weltweit genutzten Kurznachrichtendienst auch in die britische Innenpolitik eingemischt und Sympathien für Rechtsaußen-Bewegungen in anderen Staaten bekundet. Es gibt Medienberichte, dass er die britische Anti-EU-Partei von Nigel Farage mit Millionenbeträgen unterstützt haben soll. Musk hatte sich wenige Tage nach Trumps Wahlsieg im November auch in die italienische Politik zugunsten der rechtsgerichteten Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni eingemischt. Zu den richterlich untersagten Plänen der Regierung in Rom, Migranten in Albanien unterzubringen, schrieb er auf X: "Diese Richter müssen weg".
Der CDU-Politiker Daniel Caspary, Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament, hatte die EU-Kommission bereits am 20. Dezember zu einer Prüfung aufgefordert, ob Musk als X-Besitzer Neutralität und Transparenz in seinem Dienst wahre.
(Bericht von Christian Götz, Andreas Rinke; redigiert von Christian Götz und Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)