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CDU-Chef warnt vor Änderung für Sozialausgaben |
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Söder: Vorher muss Länderfinanzausgleich reformiert werden |
(Durchgehend neu: mit Söder, Hintergrund) |
Berlin, 13. Nov (Reuters) - Unions-Kanzlerkandidat |
Friedrich Merz hat eine Reform der Schuldenbremse nicht mehr |
ausgeschlossen. "Ehrlich gesagt, Schuldenbremse ist ein |
technisches Thema, kann man so oder so beantworten", sagte der |
CDU-Vorsitzende am Mittwoch in Berlin auf dem Wirtschaftsgipfel |
der "Süddeutschen Zeitung". "Selbstverständlich kann man das |
reformieren. Die Frage ist, wozu? Mit welchem Zweck? Was ist das |
Ergebnis einer solchen Reform?", fügte Merz hinzu. "Ist das |
Ergebnis, dass wir noch mehr Geld ausgeben für Konsum und |
Sozialpolitik? Dann ist die Antwort Nein", betonte der |
CDU-Vorsitzende. "Ist das Ergebnis, es ist wichtig für |
Investitionen, es ist wichtig für Fortschritt, es ist wichtig |
für die Lebensgrundlage unserer Kinder? Dann kann die Antwort |
eine andere sein." Der CDU-Vorsitzende betonte aber, dass er |
sich nicht in eine technische Diskussion begeben wolle. |
CSU-Chef Markus Söder bremste dagegen. "Die Schuldenbremse steht in der Verfassung und kann nur mit Zwei-Drittel-Mehrheit geändert werden", sagte Söder der "Augsburger Allgemeinen". Zunächst müssten "unsinnige Mehrausgaben" gestrichen werden, wozu Söder das Bürgergeld und die Förderungen im Heizungsgesetz zählt. Zweitens müsse die Migration begrenzt werden. "Generell gilt: Bevor wir über die Schuldenbremse reden, muss der Länderfinanzausgleich geändert werden", betonte Bayerns Ministerpräsident. Bayern habe zuletzt mehr als neun Milliarden Euro an andere Bundesländer abgeben müssen. "So kann es nicht weitergehen." Damit ist eine schnelle Reform der Schuldenbremse aber ausgeschlossen, weil eine Reform des Länderfinanzausgleiches seit Jahren erfolglos diskutiert wird.
Hintergrund der Debatte ist der erhebliche Finanzbedarf etwa für Infrastruktur-Investitionen in Deutschland. SPD und Grüne, aber auch Industrieverbände, Gewerkschaften und viele Ökonomen fordern deshalb seit längerem, dass man die Schuldenbremse an einer Stelle lockern solle, nämlich für Investitionsausgaben. Es gab angesichts der Bedrohung durch Russland auch Vorschläge, Verteidigungsausgaben auszuklammern - oder aber sogenannte Sondervermögen einzuführen. So wurde 2022 eine Sonderkreditlinie für die Bundeswehr über 100 Milliarden Euro eingerichtet. Aber auch dafür braucht es eine Zweidrittel-Mehrheit und damit die Zustimmung der Union.
Auch die Ampel-Regierung war letztlich am Haushaltsstreit zerbrochen. SPD und Grüne wollten die Probleme im Haushalt 2025 durch eine höhere Verschuldung regeln - allerdings nach Angaben von Kanzler Olaf Scholz mit einem Weg, der keine Reform der Schuldenbremse nötig gemacht hätte. Denn ein Überschreitensbeschluss in einer Notlage etwa mit Blick auf die milliardenschweren Ukraine-Ausgaben kann auch mit Regierungsmehrheit beschlossen werden. Diesen Weg wollte Finanzminister Christian Lindner (FDP) aber wegen verfassungsrechtlicher Bedenken nicht mitgehen, weshalb die Ampel zerbrach. Die FDP verweist zudem darauf, dass Deutschland bei der Schuldenaufnahme auch durch EU-Regeln Grenzen gesetzt sind. Auch Sicht der Bundesregierung sind diese Auflagen aber lockerer als die nationale Schuldenbremse.
In der Union gibt es ebenfalls seit Monaten eine Debatte über die Reform der Schuldenbremse. Etliche CDU-Ministerpräsidenten wollen mit Blick auf ihre Haushalte und nötige Investitionen, dass zumindest die noch strengeren Auflagen für die Bundesländern geändert werden. Diese dürfen anders als der Bund auch keine eng begrenzten Schulden machen. Vor allem Ost-Ministerpräsidenten, deren Ländern eine viel schwächere Einnahmebasis haben als etwa Bayern, dringen auf eine Lockerung, die Merz und die CDU/CSU-Bundestagsfraktion sowie Söder bisher aber abgeblockt haben. Die Schuldenbremse dürfte auch ein großes Thema im Bundestagswahlkampf werden.
(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)