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Miersch: Mittwoch ist Tag der Entscheidung
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SPD-Politiker fordert mehr Geld für Ukraine und Wirtschaft
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"Frage der Finanzierung ist heute zu klärende Grundfrage"
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Miersch: Spitzenrunde redet über Senkung von Unternehmenssteuern
(durchgehend neu mit mehr Aussagen von Miersch)
- von Andreas Rinke -
Berlin, 06. Nov (Reuters) - SPD-Generalsekretär Matthias Miersch hat Finanzminister Christian Lindner (FDP) aufgefordert, in den entscheidenden Ampel-Debatten über den Bundeshaushalt seinen Kurs aufzugeben. "Die Vorschläge, die Herr Lindner vorgelegt hat, reichen nicht aus, diesen Haushalt zu stabilisieren", sagte Miersch am Mittwoch im Interview mit Reuters TV mit Blick auf den Ampel-Gipfel und die bisherige Position Lindners in der Debatte über den Bundeshaushalt 2025. "Sie reichen auch nicht aus, um neue Impulse in die Wirtschaft zu geben."
Der SPD-Generalsekretär sprach von einem "Tag der Entscheidung" für die Koalition. "Und ich gehe davon aus, dass es auch Lösungen geben wird." Bei den Gesprächen zwischen den Spitzen von SPD, Grünen und FDP geht es zum einen darum, Haushaltslöcher im Etat 2025 zu stopfen und zum anderen darum, der lahmenden Wirtschaft einen Schub zu geben.
Korrekturen seien schon deshalb nötig, weil etwa die Ukraine nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten eine besondere Herausforderung für Deutschland und Europa werde, betonte Miersch. "Deswegen werden wir aus meiner Sicht auch mehr finanzielle Mittel aufwenden müssen, auch gerade im humanitären Bereich", sagte der Generalsekretär.
Er verwies auf mögliche Flüchtlingswellen, wenn die US-Hilfe für die Ukraine nachlassen sollte und sich die Lage in dem Land zuspitze. Mehr Geld sei aber auch für die Ukraine selbst und den Wirtschaftsstandort Deutschland nötig. "Denn wir werden von Herrn Trump erleben, dass der Protektionismus noch zunehmen wird. Und deswegen gilt es auch hier, die Investitionsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland zur Stabilisierung der Wirtschaft sicherzustellen."
"Wir kommen immer wieder zu dem Hauptpunkt, der sich jetzt nach der Trump-Wahl noch stärker stellt: Wie ist Deutschland in der Lage, die großen Herausforderungen zu stemmen, auch finanziell?", sagte der Generalsekretär. "Und deswegen ist diese Frage der Finanzierung sicherlich die Grundfrage, die heute geklärt werden muss." Für ihn sei eine Verschiebung von Entscheidungen keine Option mehr. "Ich glaube, die Dinge liegen alle auf dem Tisch, und man muss sich jetzt tief in die Augen gucken. Jeder weiß, worum es geht." Hintergrund sind Spekulationen, dass die Ampel ohne Einigung zerbrechen könnte.
Miersch machte keine konkrete Aussage dazu, wie genau Lindner die Haushaltsprobleme lösen soll. Auf die Frage, ob ein Überschreitungsbeschluss im Etat 2025 nötig ist, wie dies SPD und Grüne seit längerem fordern, sagte er aber: "Ich glaube daran, dass Christian Lindner genauso wie Robert Habeck und der Bundeskanzler ein großes Interesse haben, dass Deutschland in diesen Stunden, in diesen Tagen, aber auch in diesen nächsten Monaten wirklich handlungsfähig bleibt." Jeder habe seine Verantwortung wahrzunehmen. "Ich hoffe, dass alle sich dieser Verantwortung in diesen Stunden auch bewusst sind."
Über einzelne Vorschläge Lindners werde man sprechen. Zum Beispiel sei eine Senkung der Unternehmenssteuern diskussionswürdig. Der FDP-Chef hatte etwa die Senkung der Körperschaftsteuer vorgeschlagen. Er sowie Kanzler Olaf Scholz und Habeck sollen für den Koalitionsausschuss am Mittwochabend gemeinsame Vorschläge vorlegen.
"Für uns ist die Streichung des Solis keine Option, weil wir hier sagen, wir machen zugunsten von wenigen Wohlhabenden Belastungen für die Gesellschaft insgesamt. Das ist nicht unser Weg", betonte Miersch mit Blick auf den Solidaritätszuschlag. Er gehe davon aus, dass das Bundesverfassungsgericht die bisherige Rechtslage beim Soli nicht infrage stelle. Lindner hatte die vollständige Abschaffung des Solis gefordert und darauf verwiesen, dass diesen vor allem Unternehmen, Selbständige, Freiberufler und Hochqualifizierte zahlen.
(Redigiert von Thomas Seythal. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)