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01.10.2024 /15:49:08
TOP-THEMA-Israel geht mit Bodentruppen gegen Hisbollah im Südlibanon vor

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Israel: "Begrenzter" Angriff, kein Vorrücken auf Beirut

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Hisbollah will Mossad-Zentrale beschossen haben

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Israelische Luftangriffe auch auf Ziele in Syrien

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Frankreich entsendet Flugzeugträger

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USA: Brauchen letztlich diplomatische Lösung
 
(Durchgehend neu)
- von Timour Azhari und James Mackenzie und Maya Gebeily
Beirut, 01. Okt (Reuters) - Israelische Truppen sind im
Südlibanon gegen Stellungen der schiitischen Hisbollah-Miliz im
Süden des Libanons vorgegangen. Nach israelischen Angaben von
Dienstag handelte es sich um einen "begrenzten" Bodenangriff.
Ein Sprecher des israelischen Militärs betonte, man werde nicht
nach Beirut oder größere Städte im Südlibanon vorrücken. Die von
Iran unterstützte Hisbollah feuerte nach eigenen Angaben Raketen
auf Israel ab, darunter auch auf die Zentrale des israelischen
Geheimdienstes Mossad in Tel Aviv. International löste die
Eskalation Besorgnis aus.

Die israelischen Bodenangriffe folgen auf intensive Luftangriffe, bei denen zahlreiche Mitglieder der Führung der Hisbollah getötet wurden. Dabei sollen nach libanesischen Angaben rund 1000 Zivilisten getötet und eine Million Menschen in die Flucht getrieben worden sein.

Das israelische Militär erklärte, seine Bodenangriffe zielten auf Hisbollah-Hochburgen entlang der Grenze, die Israel bedrohten, und seien kein Krieg gegen die libanesische Bevölkerung. "Die Hisbollah hat libanesische Dörfer, die an israelische Dörfer angrenzen, in Militärbasen verwandelt, die für einen Angriff auf Israel bereit sind", sagte Militärsprecher Daniel Hagari. Bewohner im Südlibanon flohen vor den israelischen Angriffen, sagten Anwohner gegenüber Reuters. Mindestens 600 Menschen suchten Zuflucht in einem Kloster an der südlibanesischen Grenze, nachdem ihr christliches Dorf Ain Ebl eine Warnung des israelischen Militärs erhalten hatte, wie Anwohner gegenüber Reuters erklärten.

Zu Schäden auf israelischer Seite durch Raketen der Hisbollah gab es wenig Informationen. Der israelische Rettungsdienst teilte aber mit, dass zwei Menschen durch Schrapnelle aus dem Sperrfeuer der Raketen verwundet worden seien, die auf Tel Aviv und den Großraum Zentralisrael abgefeuert wurden.

GROSSBRITANNIEN WARNT ISRAEL

Der britische Außenminister David Lammy warnte, Israel solle eine Wiederholung der Vergangenheit vermeiden und sich nicht in einem "Sumpf" im Libanon verzetteln. Der spanische Außenminister Jose Manuel Albares sagte, Israel solle seine Bodenangriffe im Südlibanon einstellen, um eine Eskalation des Konflikts in der gesamten Region zu vermeiden. Der Libanon steht nach Einschätzung seines geschäftsführenden Ministerpräsidenten Najib Mikati vor einer der gefährlichsten Phasen seiner Geschichte. Mikati äußerte sich bei einem Treffen mit UN-Organisationen und Botschaftern von Geberländern. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock rief zur Mäßigung auf. "Die militärische Logik allein wird für die Menschen in Israel und auch für die Menschen in der Region keine Sicherheit auf Zukunft bringen", sagte Baerbock in Berlin.

Der Konflikt droht sich immer weiter auszuweiten. Israelische Truppen griffen nicht nur im Gazastreifen Hamas-Stellungen sowie Hisbollah-Standorte im Libanon an. Die Luftwaffe flog auch Angriffe auf Ziele in Syrien. Israelische Sicherheitskräfte gehen zudem gegen Palästinenser im Westjordanland vor. Die Huthi im Jemen wiederum unterstützen die radikal-islamischen Gruppen gegen Israel und greifen unter anderem Handelsschiffe an der Küste an. Nach ihren Angaben attackierten sie zudem mit Drohnen Tel Aviv und Eilat. Alle drei Gruppen - Hamas, Hisbollah und Huthi - werden vom Iran unterstützt.

Die UN-Beobachtermission im Libanon (Unifil) teilte mit, dass die Blauhelme trotz der jüngsten Entwicklungen im Libanon in Stellung blieben. Sie sei vom israelischen Militär über dessen beabsichtigte Bodenoffensive informiert worden. Unifil verwies darauf, dass ein Vorstoß in den Libanon "eine Verletzung der libanesischen Souveränität und territorialen Integrität sowie einen Verstoß gegen die Resolution 1701 (des UN-Sicherheitsrats)" darstelle. Der Beschluss 1701 wurde wegen des einmonatigen Kriegs zwischen Israel und der Hisbollah im Jahr 2006 verabschiedet und hatte unter anderem einen vollständigen Rückzug aller israelischen Truppen aus dem Süden des Libanon gefordert.

Noch am Montag hatte US-Präsident Joe Biden zu einer Waffenruhe aufgerufen. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin sprach mit seinem israelischen Kollegen Joaw Gallant. Austin habe deutlich gemacht, dass es eine diplomatische Lösung brauche, auch wenn sich Israel an seiner Grenze schützen müssen könne. Frankreich, die frühere Kolonialmacht im Libanon, kündigte die Entsendung eines Flugzeugträgers ins östliche Mittelmeer an.

(Bericht von Maya Gebeily, James Mackenzie, Timour Azhari; geschrieben von Andreas Rinke; redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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