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Wiele will keine neue Amtszeit als Aufsichtsratschef |
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Wiele: Aktionärsstruktur und Aufsichtsrat stark verändert |
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Manager fehlte Rückhalt von Großaktionären MFE und PPF |
(Mit Details, Reaktion MFE, Hintergrund) |
Berlin, 24. Jan (Reuters) - Vor dem Hintergrund des |
Konflikts mit Großaktionär MFE verliert |
ProSiebenSat.1 <PSMGn.DE> seinen Aufsichtsratschef Andreas Wiele. |
Der ehemalige Axel-Springer-Manager habe Aufsichtsrat und |
Vorstand am Freitag darüber informiert, dass er nach Ablauf |
seiner Wahlperiode keine weitere Amtszeit als Mitglied und |
Vorsitzender des Aufsichtsrats anstrebe, teilte der deutsche |
Fernsehkonzern am Abend mit. Wiele werde daher zur |
Hauptversammlung am 28. Mai aus dem Kontrollgremium ausscheiden. |
"Wir danken Andreas Wiele für seine Tätigkeit als Mitglied und |
Vorsitzender des Aufsichtsrats seit 2022 und wünschen ihm alles |
Gute", erklärte die von der Berlusconi-Familie kontrollierte |
Holding MFE. |
Der italienische Fernsehkonzern MFE-Mediaforeurope steht mit einem Anteil von 29,99 Prozent an ProSiebenSat.1 kurz vor der Schwelle, die ein Pflichtangebot für die übrigen Anteile an dem bayerischen Fernsehunternehmen nach sich zöge. Die Italiener haben sich nach eigenen Angaben jüngst Kredite über 3,4 Milliarden Euro für ihre internationalen Expansionspläne gesichert. Berlusconi schwebt ein paneuropäischer Medienkonzern vor, der Streaminganbietern wie Netflix <NFLX.O> Paroli bieten kann. Die Italiener und auch der tschechische Aktionär PPF mit unter 15 Prozent haben das ProSiebenSat.1-Management wiederholt aufgefordert, möglichst rasch Assets außerhalb des Kerngeschäfts TV und Unterhaltung zu verkaufen.
Der seit 2022 amtierende Wiele hatte sich vor der turbulenten Hauptversammlung 2024 gegen das Vorgehen von MFE gewandt. Seit längerem war es ein offenes Geheimnis, dass Wiele nur eine weitere Amtszeit als Aufsichtsratschef mit dem Rückhalt der Italiener und Tschechen bekommen könnte. In der Branche hieß es, die beiden Großinvestoren hätten Wiele ihre Ablehnung signalisiert. Der Manager selbst sagte, mit dem Fokus auf das Kerngeschäft, Investitionen in lokale Inhalte und Wachstum des Streamingdienstes Joyn habe ProSiebenSat1. mit seiner Strategie erste Erfolge erzielt. Wiele betonte aber: "Gleichzeitig haben sich die Aktionärsstruktur und die Zusammensetzung des Aufsichtsrats seit meinem Amtsantritt 2022 stark verändert."
Dies dürfte ein Seitenhieb darauf sein, dass ProSiebenSat.1 bei der Besetzung des Aufsichtsrats Vertreter von MFE und PPF oder von ihnen vorgeschlagene Personen als überrepräsentiert sieht. "Daher ist für mich jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen, das Amt geordnet in neue Hände zu übergeben, um den eingeschlagenen Transformationspfad konsequent weiterzugehen", sagte Wiele.
Der Aufsichtsrat und sein Nominierungsausschuss sollen nun unmittelbar die Suche nach einer geeigneten Nachfolge einleiten, um der Hauptversammlung einen Vorschlag zu machen. Beobachter gehen davon aus, dass MFE und PPF bei der Auswahl mehr als nur ein entscheidendes Wörtchen mitreden werden.
Bald dürfte sich auch entscheiden, ob der bis November dauernde Vertrag von ProSiebenSat.1-Chef Bert Habets verlängert wird. Die Investoren haben gemahnt, Habets solle die geplanten Verkäufe des Vergleichsportals Verivox und des Online-Kosmetikanbieters Flaconi schnell umzusetzen.
(Bericht von Klaus Lauer, redigiert von Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)