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08.01.2025 /15:13:02
ÖVP-Chef will mit rechter FPÖ reden - Betont Österreichs Partnerschaft mit EU

Wien/Berlin, 08. Jan (Reuters) - In Österreich hat die konservative ÖVP ihre Bereitschaft zu Koalitionsverhandlungen mit der rechten FPÖ bekräftigt - zugleich aber Bedingungen dafür genannt. "Ich wurde zu einem Gespräch eingeladen, ich werde dieses Gespräch auch führen", sagte der geschäftsführende ÖVP-Chef Christian Stocker am Mittwoch in Wien vor der Presse. Anders als FPÖ-Chef Herbert Kickl am Vortag ließ Stocker Fragen zu. Der ÖVP-Chef betonte, was für seine Partei wichtig sei in einer künftigen Regierung: "Souveränität Österreichs statt Einflussnahme aus dem Ausland, Partnerschaft in Europa statt Abschottung". Zudem müsse der Rechtsstaat gesichert sein, ebenso wie die Grundrechte, freie Meinungsäußerung, die Erinnerung an die eigene Geschichte, der Kampf gegen Antisemitismus sowie eine vielfältige und unabhängige Medienlandschaft.

Kickl hatte am Dienstag erklärt, er wolle Österreich "ehrlich regieren". Stocker sagte nun, es müsse in puncto Koalition "ehrliche Antworten geben" für die ÖVP und für Österreich auf wichtige Fragen. "Es muss ehrlich beantwortet werden, ob wir ein konstruktiver und verlässlicher Teil der Europäischen Union sein wollen oder das Gegenteil." Auch müsse klar sein, "ob wir uns an der freien Welt orientieren oder an Diktaturen" und "ob wir das Staatsganze über Parteiinteresse stellen wollen". In den kommenden Gesprächen werde er ausloten, ob die FPÖ "ehrlich dazu bereit ist, in diesem Staat Verantwortung für alle Menschen zu übernehmen", betonte Stocker.

Nach gescheiterten Koalitionsverhandlungen der ÖVP mit der sozialdemokratischen SPÖ und den liberalen Neos hatte Bundespräsident Alexander Van der Bellen den umstrittenen FPÖ-Chef Kickl beauftragt, in Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP eine Regierungsbildung zu versuchen. Der Rechtspopulist Kickl hat die ÖVP bereits zu Gesprächen eingeladen und ein rasches erstes Treffen angekündigt. Sollte eine FPÖ-geführte Koalition mit der ÖVP gelingen, wäre Kickl der erste rechte Bundeskanzler in Österreich seit Kriegsende.

Die FPÖ hatte die Wahl im September gewonnen und mehr
Stimmen geholt als die ÖVP und die SPÖ. Weil diese beiden
Parteien aber ein Bündnis mit den Freiheitlichen strikt
abgelehnt hatten, erhielt die FPÖ zunächst nicht den Auftrag
eine Regierung zu bilden, sondern die ÖVP. Nach den
gescheiterten Verhandlungen kündigte der scheidende

Bundeskanzler

und bisherige ÖVP-Chef Karl Nehammer am Samstag seinen Rücktritt an. Am Sonntag dann vollzog die ÖVP ihre Kehrtwende und erklärte, sie sei bereit zu Verhandlungen mit der FPÖ - "aus Verantwortung für Österreich".



(Bericht von Francois Murphy und Klaus Lauer, redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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