Nachricht


15.10.2024 /17:24:00
FOKUS 3-Metall-Tarifparteien liegen noch "weit" auseinander

*

Zweistufige Erhöhung nach neun Null-Monaten

*

IG Metall fordert sieben Prozent mehr

*

Arbeitgeber hoffen auf zügigen Tarifabschluss
 
(Neu: Baden-Württemberg)
- von Ilona Wissenbach und Alexander Hübner
Frankfurt/Nürnberg, 15. Okt (Reuters) - Im Tarifstreit
der Metall- und Elektroindustrie haben die Arbeitgeber ein
Angebot auf den Tisch gelegt und drängen auf eine schnelle
Einigung: Die als erstes im norddeutschen Bezirk Küste
vorgelegte Offerte sieht eine Lohnerhöhung über insgesamt 3,6
Prozent mit 27 Monaten Laufzeit vor. Dabei gebe es zum 1. Juli
2025 eine Anhebung um 1,7 Prozent und ein Jahr später weitere
1,9 Prozent, erklärte die Verhandlungsführerin des
Arbeitgeberverbandes Nordmetall, Lena Ströbele, am Dienstag nach
der zweiten Tarifrunde in Bremen. Es herrsche Einigkeit mit der
IG Metall, dass die Lage der Branche bei steigenden
Insolvenzzahlen ausgesprochen kritisch sei. "Wir müssen erst mal
den freien Fall stoppen", ergänzte sie.

Die IG Metall wies das Angebot zurück und kündigte Warnstreiks ab Ende Oktober an. Sie fordert für die 3,9 Millionen Beschäftigten der wichtigsten deutschen Industrie sieben Prozent mehr Geld bei zwölf Monaten Laufzeit ab 1. Oktober. "Die Laufzeit zu lang, die Erhöhung zu niedrig und zu spät - das Angebot enttäuscht und gleicht nicht mal die erwartete Inflation der nächsten Jahre aus", sagte Daniel Friedrich, Verhandlungsführer und Chef der IG Metall Küste. "So wird es schwierig, schnell zu einer guten Lösung zu kommen." Die Vorstellungen lägen noch weit auseinander. Seine Mitstreitenden in Bayern und Baden-Württemberg stimmten nach den Gesprächen dort in die Bewertung des Angebots als "zu wenig, zu spät" ein. "Wir sind noch deutlich voneinander entfernt. Gewünscht hätte ich mir sieben Prozent - und zwar jetzt", sagte Bayerns IG-Metall-Chef Horst Ott in Nürnberg. Die Gewerkschaft argumentiert mit Nachholbedarf nach Reallohnverlust in den vergangenen Jahren und der Rolle des privaten Konsums als Konjunkturmotor.

DRÄNGEN ZUR EILE IN KRITISCHER LAGE

"Mit diesem Angebot legen wir den Grundstein für eine rasche Lösung am Verhandlungstisch", erklärte der Chef vom baden-württembergischen Arbeitgeberverband Südwestmetall in Ludwingsburg, Harald Marquardt. Er sei irritiert und enttäuscht, dass Gewerkschaftschefin Barbara Resch es vom Tisch wischte. Die IG Metall müsse ihre Forderung reduzieren, forderte Marquardt. "Die Arbeitgeber müssen noch einiges drauflegen, dass wir schnell zu einem Ergebnis kommen", setzte Resch entgegen. In der momentant angespannten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lage gelte es, schnell ein positives Ergebnis zu erzielen.

Die Zahlen werden von den Arbeitgebern in allen elf
Tarifbezirken auf den Tisch gelegt. Begleitet wurde die
Verhandlung in Bayern von 3500 demonstrierenden Gewerkschaftern.
In Baden-Württemberg gingen der IG Metall zufolge rund 10.000
Beschäftigte auf die Straße, um ihre Forderung zu
unterstreichen. In Bremen machten 500 junge Kolleginnen und
Kollegen Druck für die verlangte Erhöhung der
Ausbildungsvergütungen von 170 Euro mehr im Monat. Darüber sind
die Arbeitgeber als Teil eines Gesamtpakets gesprächsbereit.

Die Verhandlungsführerin der bayerischen Arbeitgeber, Angelique Renkhoff-Mücke, warnte mit Blick auf die IG-Metall-Forderung: "Der Schaden wäre enorm." Die Industrie sei in einer strukturellen Krise, die Auftragseingänge gingen dramatisch zurück. Vor allem die Autoindustrie als wichtigste Branche hat damit zu kämpfen. "Wir müssen ganz schnell gegensteuern, damit die Unternehmen überleben und Deutschland als Standort eine Zukunft hat." Dazu müssten alle einen Beitrag leisten.

ARBEITGEBER: BITTE KEINE WARNSTREIKS

Die Arbeitgeber fordern außerdem, eine Regel aus der Corona-Zeit zu verlängern, die schwachen Unternehmen automatisch bei Unterschreiten einer bestimmten Nettoumsatzrendite ein Abweichen nach unten ermöglicht. Die IG-Metall-Verhandler wiesen das zurück, weil es genügend andere Differenzierungsmöglichkeiten für Betriebe in Schwierigkeiten gebe.

Die Verhandlungen in Norddeutschland werden am 29. Oktober in Kiel fortgesetzt. Ab diesem Tag sind nach Ende der Friedenspflicht Warnstreiks möglich. Arbeitgeber-Chefin Renkhoff-Mücke sagte, sie hoffe, dass eine Einigung ohne Warnstreiks gelinge. "Wir bereiten uns auf Warnstreiks vor", betonte IG-Metall-Chefin Resch.

(Bericht von Alexander Hübner und Ilona Wissenbach, redigiert von Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

Hinsichtlich weiterer Informationen und einer gegebenenfalls erforderlichen Offenlegung potenzieller Interessenkonflikte nach § 85 WpHG der für die Erstellung der zugrunde liegenden Finanzinformationen oder Analysen verantwortlichen Unternehmen wird auf das Informationsangebot dieser Unternehmen (Internetseite und andere Informationskanäle) verwiesen.