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13.10.2024 /15:12:10
TOP-THEMA-SPD will Investitionen belohnen und 95 Prozent der Steuerzahler entlasten

(Durchgehend neu, mit Klingbeil, Reaktionen)

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Papier für die Klausurtagung des SPD-Parteivorstands



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SPD will Senkung von Netzentgelten und Kaufprämien für E-Autos



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Steuerreform soll 95 Prozent be- und ein Prozent belasten

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Lindner: Ich bin für Gegenfinanzierung durch Bürgergeld
 
- von Andreas Rinke
Berlin, 13. Okt (Reuters) - Die SPD will Firmen dazu
bewegen, wieder verstärkt in Deutschland investieren und
gleichzeitig die große Mehrheit der Steuerzahlenden entlasten.
Dabei sollen sogenannte Superabschreibungen und Steuerprämien
helfen, geht aus einem Leitantrag für die am Sonntag beginnende
Tagung der SPD-Bundesvorstandsklausur hervor, der eine Grundlage
für den Bundestagswahlkampf 2025 bilden soll. "Wer in
Deutschland investiert, erhält steuerliche Vergünstigungen",
heißt es in dem sechsseitigen Papier. Damit greifen die
Sozialdemokraten eine Idee auf, die auch die US-Regierung zum
Anlocken von Firmen und Investitionen verwendet. Zudem will die
SPD mit einer Einkommenssteuerreform 95 Prozent der Steuerzahler
entlasten, aber das Prozent mit den höchsten Einkommen belasten.
"Diejenigen, die viel haben, sollen ein bisschen mehr
Verantwortung tragen. Das halten wir für gerecht", sagte
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil zum Auftakt der zweitägigen
Klausurtagung.

Er fuhrt fort, dass die Klausur den Vorstand der Partei auf die Bundestagswahl einschwören solle. Klares Ziel sei es, mit Kanzler Olaf Scholz wieder stärkste Kraft bei der Bundestagswahl zu werden. Es gebe keinerlei Zweifel in der SPD, dass Scholz wieder Kanzlerkandidat werde. "Die entscheidende Frage, die die Bürgerinnen und Bürger sich beim Gange auch zur Wahlkabine stellen sollen, ist: Wollen sie Friedrich Merz oder Olaf Scholz als Bundeskanzler des Landes?"

Finanzminister Christian Lindner reagierte prompt auf die Ankündigungen. "Wenn die SPD 95 Prozent der Steuerzahler entlasten will, schlage ich ein. Aber nicht auf Kosten von Fachkräften und Mittelstand. Wir können das finanzieren durch eine weitere Bürgergeldreform und die Unterbindung irregulärer Einwanderung in den Sozialstaat", schrieb der FDP-Chef auf der Plattform X.

KAUFPRÄMIE FÜR E-AUTOS UND HÖHERER MINDESTLOHN

Bei der vorgeschlagenen Einkommenssteuerreform verwies Klingbeil darauf, dass die SPD schon 2023 eine Gegenfinanzierung vorgeschlagen habe. Es sei fair, wenn "die Steuerpflichtigen mit den allerhöchsten Einkommen" mehr Verantwortung übernehmen würden, um eine Steuersenkung für den Großteil der Menschen zu finanzieren. Zudem fordert die SPD eine "zügige und schrittweise Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro.

Klingbeil hatte bereits angekündigt, dass der Kampf um Industriearbeitsplätze ein zentrales Feld der Auseinandersetzung vor allem mit der CDU werden soll. Das Papier fasst unter dem Titel "Wirtschaft ankurbeln, Arbeitsplätze sichern, Beschäftigte entlasten" etliche Maßnahmen zusammen, die die SPD in der Ampel noch umsetzen oder im Wahlkampf fordern will.

Dazu zählen Kaufprämien für Elektro-Autos. "Die Zukunft unseres Autolandes Deutschland liegt in der E-Mobilität", heißt es in dem Papier in Anspielung auf die Probleme der Autoindustrie und den eingebrochenen Absatz an E-Autos. "In Abstimmung mit Industrie und Gewerkschaften werden wir Kaufanreize prüfen, die zielgenau der deutschen Industrie helfen." Zudem soll es E-Auto-Quoten für Leasinganbieter geben und Steuernachlässe für E-Dienst- und Betriebswagen.

Die SPD fordert in dem Papier erneut eine Reform der Schuldenbremse und wirbt für die Einrichtung eines Deutschlandfonds, um privates und öffentliches Kapital für Zukunftsinvestitionen zu mobilisieren.

Die Partei stellt sich auch hinter den Vorschlag von Scholz, die Firmen etwa bei den Netzentgelten zu entlasten. "Mit den vom Bundeskanzler vorgeschlagenen Maßnahmen liegt nun ein umfangreiches Paket für dauerhaft wettbewerbsfähige Industriestrompreise auf dem Tisch, das bereits bestehende und vereinbarte Entlastungen ergänzt." Die Ausweitung der Strompreiskompensation insbesondere auf die Chemie- und Glasindustrie und die zusätzlichen Instrumente zur Absenkung der Netzentgelte seien wichtige Schritte auf dem Weg zu wettbewerbsfähigen Strompreisen, insbesondere für die energieintensiven Unternehmen. Auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (grüne) befürwortet Entlastungen bei den Stromkosten. Lindner hat gegen den vorgeschlagenen Bundeszuschuss für die Deckelung der Übertragungsnetzentgelte aber noch Vorbehalte.

Von der Ampel-Koalition wird eine zügige Verabschiedung des Bundestariftreuegesetzes und des Rentenpakets II gefordert. Dieses müsse noch in diesem Jahr verabschiedet werden.

KRITIK AUS FDP, UNION UND VON LINKEN

FDP-Chef Lindner warf der SPD vor, sie wolle mittelständische Betriebe stärker besteuern. Dafür solle der Staat mit Schulden Subventionen für geplante Investitionen an die Wirtschaft zahlen. "Es wird klar: Die nächste Wahl entscheidet über gelenkte Verwaltungswirtschaft oder Soziale Marktwirtschaft." Auch in der Union und bei den Linken stießen die Pläne auf Kritik. "Die grundlegenden Probleme werden damit nicht gelöst. Die deutsche Automobilindustrie benötigt keine vom deutschen Steuerzahler finanzierten Strohfeuer, sondern strukturelle Verbesserungen", sagte der Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Verkehrsausschuss, Christoph Ploß, der "Funke"-Mediengruppe.

(Mitarbeit: Christian Krämer Redigiert von Christian Rüttger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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