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13.06.2025 /16:48:00
TOP-THEMA-Israel greift Ziele im Iran an - Sorge vor weiterer Eskalation

(weitgehend neu)

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Iran droht mit harter Vergeltung

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Mehrere Kommandeure und Wissenschaftler im Iran getötet

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Trump bezeichnet Angriff als "ausgezeichnet"
 
- von Maayan Lubell und Parisa Hafezi und Steve Holland
Jerusalem/Dubai/Washington, 13. Jun (Reuters) - Israel
hat am Freitag Militär- und Atomanlagen im Iran bombardiert mit
dem Ziel, eine nukleare Bewaffnung der Islamischen Republik zu
verhindern. Die Angriffe nahmen auch ranghohe iranische Militärs
und Wissenschaftler ins Visier, die am Atomprogramm des Landes
arbeiten. Getötet wurden unter anderem der Generalstabschef der
Streitkräfte, Generalmajor Mohammad Bagheri, und der Chef der
Revolutionsgarden, Hossein Salami. Insgesamt starben mindestens
20 hochrangige Kommandeure und sechs Atomwissenschaftler. Der
Iran sprach von 78 Toten allein in der Hauptstadt Teheran.

Der iranische Präsident Massud Peseschkian wandte sich in einer Fernsehansprache an die Nation. Er forderte die Bürger auf, zu ihren Führern zu stehen. Der Präsident kündigte eine starke Reaktion an, die "Israel seinen törichten Akt bereuen lassen wird". Irans Oberster Führer Ajatollah Ali Chamenei erklärte, Israel habe "seine böse und blutige Hand entfesselt" und werde "ein bitteres Schicksal erleiden". Nach israelischer Darstellung wurden am Freitag etwa 100 Drohnen vom Iran in Gang gesetzt, was die Regierung in Teheran dementieren ließ. In Israel wurden zunächst keine Schäden gemeldet.

Das israelische Militär erklärte, es könne sich um einen längerfristigen Einsatz handeln. Militärsprecher und Brigadegeneral Effie Defrin erklärte, 200 israelische Kampfjets hätten an den Angriffen teilgenommen. Sie hätten mehr als 100 Ziele getroffen und der wichtigsten iranischen Anlage zur Urananreicherung in Natans erheblichen Schaden zugefügt. Das Militär meldete zudem die Zerstörung "Dutzender Radare und Boden-Luft-Raketenwerfer", was die iranische Luftabwehr stark beeinträchtigt habe.

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu berief sich auf die Schrecken des Nazi-Holocaust, um die Entscheidung zum Angriff zu rechtfertigen. Er stellte die Angriffe als entscheidenden Schritt dar, um Israel vor einer künftigen existenziellen Bedrohung zu schützen. Sein Büro kündigte an, er werde später am Tag mit US-Präsident Donald Trump sprechen. Die US-Regierung erklärte, an den Angriffen nicht beteiligt gewesen zu sein.

"SEHR VIEL MEHR"

US-Präsident Donald Trump sagte, der Iran habe den Angriff selbst verschuldet. Der Grund sei der Widerstand gegen ein US-Ultimatum zur Einschränkung seines Atomprogramms. In einem Interview mit ABC News sagte Trump: "Ich denke, es war ausgezeichnet. Wir haben ihnen eine Chance gegeben und sie haben sie nicht genutzt... Sie wurden so hart getroffen, wie man getroffen werden kann. Und es wird mehr kommen. Sehr viel mehr." Auf seiner Plattform Truth Social fügte Trump hinzu: "Vor zwei Monaten habe ich dem Iran ein 60-Tage-Ultimatum gestellt, einen 'Deal zu machen'. Sie hätten es tun sollen! Heute ist Tag 61 ... Jetzt haben sie vielleicht eine zweite Chance!"

Die Internationale Atomenergie-Behörde IAEA rief alle Seiten zu größter Zurückhaltung auf. Jede weitere Eskalation müsse vermieden werden, erklärte der Chef der UN-Behörde, Rafael Grossi. Auch die Nato sowie zahlreiche Staaten - darunter Großbritannien und Frankreich - appellierten an die Parteien, den Konflikt nicht weiter eskalieren zu lassen. Bundeskanzler Friedrich Merz erklärte: "Wir bekräftigen, dass Israel das Recht hat, seine Existenz und die Sicherheit seiner Bürger zu verteidigen." Zugleich rief er "beide Seiten auf, von Schritten abzusehen, die zu einer weiteren Eskalation führen und die gesamte Region destabilisieren können".

Russland betonte, es gebe im Konflikt um das iranische Atomprogramm keine militärische, sondern nur eine diplomatische Lösung. Israels Angriff sei ein Verstoß gegen die UN-Charta, zitierte die Nachrichtenagentur RIA das Außenministerium in Moskau. Der israelische Angriff sei weder provoziert worden noch akzeptabel. Israel habe bewusst den Weg einer gefährlichen Eskalation gewählt. China, das vom Iran Öl bezieht, äußerte sich zutiefst besorgt über die schwerwiegenden Folgen, die der israelische Angriff auf den Iran haben könnte. Die plötzliche Eskalation diene den Interessen keiner Partei.

Der jordanische Außenminister Ajman Safadi schloss sich den weltweiten Aufrufen zur Deeskalation an. Er schrieb auf X: "In einer äußerst kritischen Zeit, in der die USA mit dem Iran über ein Atomabkommen verhandelten, das die gesamte Region und die Welt retten würde, eine neue bösartige Eskalation." Oman, der in den iranisch-amerikanischen Atomgesprächen vermittelt, bezeichnete Israels Angriff als leichtsinnig. Das Land forderte die internationale Gemeinschaft auf, den "gefährlichen Kurs" zu stoppen.

"AN ALLEN GRENZEN VORBEREITET"

In Israel wurden Zehntausende Soldaten einberufen. Generalstabschef Ejal Samir verkündete, die Streitkräfte seien "an allen Grenzen vorbereitet". Israel schloss seine Botschaften weltweit und forderte die Bürger zur Wachsamkeit auf. Sie sollten vermeiden, jüdische oder israelische Symbole in der Öffentlichkeit zu zeigen. Nach Angaben aus israelischen Sicherheitskreisen war ein Kommando des Geheimdiensts Mossad vor dem Angriff tief im Iran aktiv.

Für Sonntag sind eigentlich weitere Gespräche der USA mit dem Iran über das Atomprogramm in Oman angesetzt. Die USA bestehen darauf, dass jedes neue Atomabkommen die Verpflichtung des Iran enthalten müsse, die Urananreicherung einzustellen. Dies sei eine Voraussetzung für die Entwicklung von Atomwaffen. Der Iran behauptet, seine nuklearen Ambitionen dienten ausschließlich zivilen Zwecken. Der Gouverneursrat der IAEA hatte den Iran am Donnerstag für schuldig erklärt, gegen seine Nichtverbreitungsverpflichtungen zu verstoßen. Dies war die erste derartige Erklärung seit fast 20 Jahren.

LUFTVERKEHR BEEINTRÄCHTIGT

Die Ölpreise stiegen um etwa acht Prozent aufgrund von Befürchtungen über weitere Vergeltungsangriffe in der Region. Die nationale iranische Ölgesellschaft meldete, dass Raffinerien und Lagereinrichtungen unbeschädigt geblieben seien und weiter betrieben würden. Opec-Generalsekretär Haitham Al-Ghais erklärte, die Eskalation rechtfertige keine sofortigen Änderungen der Ölversorgung, da die aktuellen Bedingungen stabil blieben.

Fluggesellschaften mieden den Luftraum über Israel, Iran, Irak und Jordanien. Flüge wurden umgeleitet oder gestrichen. Die israelischen Fluggesellschaften El Al, Israir und Arkia brachten ihre Flugzeuge aus Israel heraus. Der Flughafen Ben Gurion in Tel Aviv wurde geschlossen. Die Handelsschifffahrt durch die Straße von Hormus wurde zunächst fortgesetzt, obwohl einige Schiffseigner versuchten, die Region zu meiden.

(Bearbeitet von Alexander Ratz und Sabine Ehrhardt, redigiert
vonChristian Rüttger
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