Berlin, 08. Jan (Reuters) - Die Stimmung in der deutschen Chemieindustrie bleibt angesichts des niedrigsten Auftragsbestands seit rund 15 Jahren eingetrübt. Das Barometer für das Geschäftsklima stieg zwar im Dezember um 1,5 Punkte, verharrt aber mit minus 11,4 Zählern tief im negativen Bereich, wie das Münchner Ifo-Institut am Mittwoch zu seiner Unternehmensumfrage mitteilte. Die aktuelle Geschäftslage wurde erneut negativer bewertet, während sich die Erwartungen für die kommenden Monate besserten. "Die Lage der Chemieunternehmen bleibt zum Jahreswechsel insgesamt angespannt", sagte Ifo-Branchenexpertin Anna Wolf.
Die deutsche Chemiebranche steht dem Institut zufolge im internationalen Wettbewerb schlecht da - vor allem "aufgrund von hohen Belastungen durch Steuern, Bürokratie und Energiekosten". Auch eine ungünstige Auftragslage belastet demnach ihre Geschäfte. Die Beurteilung des Auftragsbestands fiel dabei so schlecht aus wie seit 2009 nicht mehr. Damals machte die weltweite Finanzkrise der Realwirtschaft zu schaffen.
Spürbar gesunken ist auch die Kapazitätsauslastung der Chemiebetriebe. Sie lag im Jahr 2024 bei lediglich 75,4 Prozent, wie die Ifo-Forscher herausfanden. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 - also vor Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine und den anschließend stark steigenden Preisen für viele Rohstoffe - waren es noch 86,0 Prozent. "Die Chemieunternehmen planen weiterhin mit einem Abbau von Arbeitsplätzen", so das Ifo-Institut.
Der Branchenverband VCI rechnet für 2025 mit stagnierenden Aufträgen und Umsätzen, während die Produktion lediglich um 0,5 Prozent zulegen dürfte. Fast jedes zweite Unternehmen geht laut einer aktuellen Mitgliederbefragung des VCI von einer Verschlechterung der Ertragslage aus. Gleichzeitig gingen Investitionen in Deutschland zurück, während knapp die Hälfte der VCI-Mitglieder ihre Auslandsinvestitionen ausbauten.
(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Kerstin Dörr - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)