Moskau, 10. Mai (Reuters) - Russland fordert während einer möglichen Waffenruhe den Stopp von Waffenlieferungen der USA und Europäer an die Ukraine. "Andernfalls wäre es ein Vorteil für die Ukraine", sagte der russische Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow in einem am Samstag veröffentlichten Interview von ABC News. "Die Ukraine wird ihre vollständige Mobilmachung fortsetzen und neue Truppen an die Front bringen", sagte Peskow. Die Ukraine würde diese Zeit auch nutzen, um neue Soldaten auszubilden und den kämpfenden Truppen eine Pause zu gönnen, argumentierte Peskow. "Warum also sollten wir der Ukraine einen solchen Vorteil gewähren?" US-Präsident Donald Trump hatte Russland und die Ukraine am Freitag aufgefordert, "diesen dummen Krieg zu beenden". Trump drang auf eine 30-tägige Waffenruhe, der die Ukraine nach eigenen Angaben zustimmen würde. Russland hat seine großangelegte Invasion der Ukraine am 24. Februar 2022 begonnen und hält weite Teile im Osten und Süden des Nachbarlandes unter Kontrolle. Die ukrainische Halbinsel Krim hatte Russland bereits 2014 annektiert, was international nicht anerkannt ist.
Peskow bekräftigte in dem Interview Russlands Bedenken, die Präsident Wladimir Putin bereits am 13. März öffentlich geäußert und in einem Telefonat mit Trump am 18. März dargelegt hat. "Präsident Putin unterstützte eine Waffenruhe, stellte jedoch mehrere Fragen. Er sagte, dass derzeit eine gewisse Dynamik an der Front herrsche, die russischen Truppen vorrückten, und zwar mit ziemlicher Zuversicht", sagte Peskow. "Wenn wir also über eine Waffenruhe sprechen, was machen wir dann mit den Waffenlieferungen, die täglich aus den Vereinigten Staaten und europäischen Ländern eintreffen?"
Damit unterstrich Peskow, dass Russland seine Haltung zu einer Waffenruhe seit Mitte März nicht geändert hat. Trump hatte anfangs massiven Druck auf den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ausgeübt. Nun zeigt der US-Präsident sich zunehmend ungeduldig gegenüber Putin und warf die Frage auf, ob der russische Präsident ihn täuschen wolle. Peskow wies dies zurück und erklärte, es sei die Ukraine, die sich weigere, direkte Verhandlungen aufzunehmen. "Präsident Putin tut alles Mögliche, um das Problem zu lösen und mit friedlichen und diplomatischen Mitteln eine Einigung zu erzielen. Da uns jedoch weder friedliche noch diplomatische Mittel zur Verfügung stehen, müssen wir die Militäroperation fortsetzen", sagte der Präsidialamtssprecher. Russland hoffe, dass Trumps Vermittlung dazu beitragen werde, dem Regime in Kiew "ein bisschen mehr Flexibilität, ein bisschen mehr politischen Willen und Weisheit" zu verleihen.
Putin hatte im April eine kurze Waffenruhe über Ostern ausgerufen, den beide Seiten unzählige Male gebrochen hatten. In dieser Woche folgte eine dreitägige Waffenruhe während Russlands Feierlichkeiten anlässlich des 80. Jahrestages des Sieges im Zweiten Weltkrieg. Die Ukraine stimmte der jüngsten Waffenruhe nicht zu und bestand auf einer Unterbrechung der Kämpfe von mindestens 30 Tagen.
(Bericht von: Mark Trevelyan; geschrieben von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte))