Nachricht


17.09.2024 /11:21:36
SPOTANALYSE-Ökonomen zum erneuten Einbruch des ZEW-Barometers im September

Berlin, 17. Sep (Reuters) - Börsenprofis sehen die Aussichten für die deutsche Wirtschaft immer düsterer. Das Barometer für die Erwartungen in den kommenden sechs Monaten sackte im September um 15,6 Punkte auf 3,6 Zähler ab, wie das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) am Dienstag zu seiner Umfrage unter Analysten und Anlegern mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Rückgang auf 17,0 Punkte gerechnet. Sie sagten zu den Daten in ersten Reaktionen:

ALEXANDER KRÜGER, CHEFÖKONOM HAUCK AUFHÄUSER LAMPE
PRIVATBANK:
 
"Die ZEW-Befragung spricht für Absturz, Krise und
Ohnmacht. Vor allem die miserable Lagebeurteilung deutet auf ein
wachstumsseitig erneut verlorenes Quartal hin. Die Erwartungen
stürzen auch deshalb ab, weil es schlicht kein Licht am Ende des
Tunnels zu sehen gibt. Der allgemeine Trend zu sinkenden
Wachstumsprognosen dürfte sich fortsetzen. Kurzarbeit in der
Industrie und Stellenkürzungen werden zunehmen. Ein
Stimmungswechsel ist bis zur Bundestagswahl 2025 nicht in Sicht.
Bei anhaltender Wirtschaftsflaute wird die Regierung
haushaltsseitig weiter ins Schleudern kommen."
 
ULRICH WORTBERG, ÖKONOM HELABA:
 
"Erneute Stimmungseintrübung: In Deutschland ist der
Saldo der Konjunkturerwartungen das dritte Mal in Folge
gesunken. Zudem wurde die Konsensschätzung klar unterschritten.
Auch der Saldo der Lageeinschätzungen ist rückläufig. Negative
Vorgaben gab es von der ähnlich konzipierten Sentix-Umfrage, bei
der die Lage- und Erwartungswerte, trotz der schon sehr
niedrigen Niveaus, nochmals gesunken waren. Für das kommende
Ifo-Geschäftsklima Deutschland zeichnet sich ebenfalls ein
Rückgang ab. Entsprechend werden die konjunkturellen
Sorgenfalten tiefer und die Zinssenkungserwartungen bezüglich
der EZB tendenziell gestärkt."
THOMAS GITZEL, CHEFÖKONOM VP BANK:

"Mit den bevorstehenden Wintermonaten scheint sich auch die deutsche Volkswirtschaft in den Winterschlaf zu begeben. Bedauernswert ist, dass im Gegensatz zum Wetter für die heimische Wirtschaft der Hochsommer ausfiel. Für einen nachhaltigen Aufschwung müssten sich die Auftragsbücher der deutschen Unternehmen wieder füllen. Doch genau daran hapert es im Moment. Die globale Investitionsnachfrage leidet derzeit, was besonders die exportorientierte deutsche Volkswirtschaft zu spüren bekommt. Dahinter stecken auch unter anderem Deglobalisierungstendenzen, die in China, aber auch in den USA unübersehbar sind.

An dieser schwierigen Konstellation wird sich in den kommenden Monaten und vermutlich auch Quartalen kaum etwas Nennenswertes ändern. Dies signalisieren heute auch die ZEW-Konjunkturerwartungen. Die deutsche Wirtschaft wird über die nächsten Quartale hinweg im Dreieck zwischen Stagnation, leichtem Wachstum und leichtem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts befinden."

(Bericht von Reinhard Becker - redigiert von Klaus Lauer - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

Hinsichtlich weiterer Informationen und einer gegebenenfalls erforderlichen Offenlegung potenzieller Interessenkonflikte nach § 85 WpHG der für die Erstellung der zugrunde liegenden Finanzinformationen oder Analysen verantwortlichen Unternehmen wird auf das Informationsangebot dieser Unternehmen (Internetseite und andere Informationskanäle) verwiesen.