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18.09.2024 /20:34:17
TOP-THEMA-US-Leitzinswende beginnt mit großem Schritt - "Fed drückt aufs Tempo"

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Notenbank senkt Leitzins erstmals seit März 2020

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Fed reagiert auf Abebben der Inflationswelle
 
- von Howard Schneider und Ann Saphir
Washington/Berlin, 18. Sep (Reuters) -

Die US-Notenbank hat die Zinswende mit einem großen Schritt nach unten gestartet und will den Kurs weiter lockern. Der Schlüsselsatz wurde am Mittwoch erstmals seit Anfang des Jahrzehnts gesenkt - und dies sogleich um einen halben Prozentpunkt. Er liegt nunmehr in der Spanne von 4,75 bis 5,00 Prozent. Manche Händler hatten auf einen solch großen Schritt spekuliert. Die Fed avisierte zugleich weitere Schritte nach unten. Bis Ende des Jahres könnte der Leitzins laut dem aktualisierten Ausblick der Währungshüter noch um einen halben Prozentpunkt sinken. Nach weiteren Senkungen dürfte er dann 2026 in einer Spanne von 2,75 bis 3,00 Prozent landen.

"Die Fed drückt aufs Tempo", meint Ökonom Bastian
Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank.
Offensichtlich sei der Notenbank der eigene geldpolitische Kurs
doch zu straff gewesen: "Machen Konjunktur und Inflation der
Notenbank keinen Strich durch die Rechnung, wird sich die flotte
Zinstalfahrt in den kommenden Monaten fortsetzen." An den
Terminmärkten wird damit gerechnet dass es schon im November
weiter nach unten geht - dann um einen Viertel-Prozentpunkt.
 
Die nun erfolgte große Zinswende wurde mit elf zu eins
Stimmen beschlossen: Direktoriumsmitglied Michelle Bowman hatte
für einen kleineren Schritt nach unten im Umfang von einem
Viertel-Prozentpunkt plädiert. Mit der Senkung um 50 Basispunkte
hat die Notenbank die US-Börsen beflügelt. Die US-Indizes, die
zuvor auf der Stelle getreten hatten, legten deutlich zu. Der
Dollar ging auf Tauchstation: der Dollar-Index <.DXY> verlor 0,4
Prozent auf 100,46 Punkte.
 
Die letzte Zinssenkung der Fed datiert vom März 2020,
als die Notenbank auf den Konjunktur-Einbruch in der
Corona-Krise reagierte. Danach hielt sie den Leitzins lange nahe
der Null-Linie, bevor sie ein Inflationsschub 2022 zu teilweise
massiven Zinserhöhungsschritten zwang. Seit Juli vorigen Jahres
lag der Schlüsselsatz dann in der Spanne von 5,25 bis 5,50
Prozent.

Die US-Währungshüter hatten bereits im Juli über eine Senkung beraten, sich aber damals noch dagegen entschieden. Fed-Chef Jerome Powell sendete erst im August auf dem Notenbankforum in Jackson Hole das klare Signal, dass es an der Zeit sei, die Geldpolitik anzupassen.

ARBEITSMARKT KÜHLT AB

Mit einer Inflationsrate von zuletzt 2,5 Prozent ist die Notenbank ihrem Ziel von zwei Prozent nähergekommen - ein wichtiges Kriterium für ein Lockern der Zinszügel. Die Fed ist damit allerdings keine Vorreiterin: Die Europäische Zentralbank (EZB) sowie die Bank of England haben die Wende bereits im Sommer vollzogen. Die EZB hat vorige Woche sogar schon nachgelegt.

Powell hatte bereits mit Blick auf das Doppelmandat der
Fed darauf verwiesen, dass sich die Notenbank angesichts der
Fortschritte im Kampf gegen die Teuerungswelle nicht mehr zu
"100 Prozent" auf die Inflation fokussieren müsse. Die
Zentralbank soll neben Preisstabilität auch Vollbeschäftigung
fördern. Die

Abkühlung des US-Arbeitsmarktes

hat ebenfalls den Weg für die erwartete Zinswende geebnet. Firmen und öffentliche Hand hatten mit 142.000 neuen Jobs im August weniger Stellen geschaffen als angenommen.



(Redaktion Washington, geschrieben von Reinhard Becker, Anika Ross, redigiert von Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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