(Durchgehend neu)
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EU-Kommission betont Gesprächsbereitschaft
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EP-Handelsausschussvorsitzender fordert Gegenmaßnahmen ab Montag
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Breite Kritik deutscher Politiker an Trump
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Insider: Tägliche Schäden für deutsche Industrie in Millionenhöhe
- von Andreas Rinke und Jarrett Renshaw |
Berlin/Washington, 13. Jul (Reuters) - Nach der |
angekündigten Ausweitung der US-Zölle für Waren aus der |
Europäischen Union denkt die EU nach, wie sie darauf regieren |
soll. Die EU-Kommission, die am Samstag ihre Bereitschaft zu |
weiteren Verhandlungen bekräftigt hatte, muss nun entscheiden, |
ob ab Montag Gegenmaßnahmen greifen. Die Zoll-Ankündigung von |
US-Präsident Donald Trump stieß auch bei deutschen Politikern |
auf scharfe Kritik. Der Vorsitzende des Handelsausschusses im |
Europäischen Parlament, Bernd Lange (SPD), forderte gegenüber |
der Nachrichtenagentur Reuters: "Die erste Liste mit |
Ausgleichsmaßnahmen muss wie geplant am Montag endlich aktiviert |
werden, und auch die zweite Liste sollte schnell folgen." Die EU |
dürfe mit Gegenmaßnahmen nicht bis zum 1. August warten, dem |
Tag, an dem die US-Zölle in Kraft treten sollen. Am Samstag |
hatte es nach Informationen von Reuters intensive Abstimmungen |
zwischen EU-Staats- und Regierungschefs und der Kommission |
gegeben, die die Verhandlungen mit der US-Regierung führt. |
Der Vizechef der Unionsfraktion im Bundestag, Jürgen Hardt, rechnet trotz der Ankündigung Trumps mit weiteren Verhandlungen. "Der Verhandlungspoker zwischen EU und USA geht in die entscheidende Phase", sagte der CDU-Politiker der Nachrichtenagentur Reuters am Sonntag. "Ich setze darauf, dass es vor dem 1. August zumindest zu einer Teileinigung und neuerlichen Verschiebung kommt." Der wirtschaftspolitische Sprecher der Union, Andreas Lenz (CSU), erwartet ebenfalls weitere Gespräche. Die EU sollte jedoch Gegenmaßnahmen vorbereiten und im Zweifel bereit sein, diese umzusetzen, sagte er Reuters. "Es kann gut sein, dass der US-Präsident die Sonderzölle als weitere Verhandlungsmasse im Rahmen der aktuellen Verhandlungen betrachtet." Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) hatte am Samstag gesagt, sie dringe auf eine schnelle und pragmatische Verhandlungslösung.
In seinem Brief an von der Leyen forderte Trump eine Abschaffung europäischer Zölle. "Die Europäische Union wird den Vereinigten Staaten einen vollständigen, offenen Marktzugang gewähren, ohne dass uns Zölle berechnet werden", schrieb Trump. Er beklagte sich erneut über das Handelsdefizit der USA im Handel mit der EU und forderte eine Produktionsverlagerung in sein Land. Für den Fall europäischer Vergeltung drohte Trump mit noch höheren Zöllen. Der CDU-Politiker Hardt verwies darauf, dass der US-Präsident stets vergesse, dass es einen US-Überschuss bei Dienstleistungen in den Beziehungen mit der EU durch die US-Dominanz in der IT-Branche gebe, der das Handelsdefizit zu einem erheblichen Teil aufwiege.
Von der Leyen hatte am Samstag ihre Bereitschaft zu Verhandlungen erklärt, aber angedeutet, dass die EU erst nach dem 1. August zu Gegenmaßnahmen greifen könnte. Als ein Problem wird auf europäischer Seite bezeichnet, dass verschiedene US-Unterhändler unterschiedliche Positionen hätten - und niemand wisse, wie am Ende Trump entscheide. Aber auch im Kreis der 27 Mitgliedstaaten gibt es widersprüchliche Interessen. Während das wirtschaftsstarke Deutschland auf ein schnelles Abkommen drängt, um seine Industrie zu schützen, warnten andere Mitglieder wie Frankreich davor, einem einseitigen Abkommen zu US-Bedingungen nachzugeben.
In Deutschland zeigte sich die Wirtschaft von Trumps Ankündigung betroffen. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) bezeichnete sie als Alarmsignal für die Industrie auf beiden Seiten des Atlantiks. Ähnlich äußerten sich die DIHK und der Maschinenbauverband VDMA. Aber auch die deutsche Industrie zieht nicht an einem Strang: So hatten Autokonzerne wie BMW oder Mercedes mit separaten Gesprächen in den USA versucht, höhere Zölle für ihre eigenen Unternehmen zu umgehen.
Der Europapolitiker Lange forderte, dass die EU ihre wirtschaftliche Macht demonstrieren müsse. Trumps Vorgehen sei "dreist und respektlos". "Das ist eine Ohrfeige für die Verhandlungen", sagte er zu Reuters. "In dem Brief wird klar gemacht, dass 30 Prozent Zölle auf alle Waren gelten sollen, aber bestehende Sektor-Tarife bleiben davon unberührt." Das bedeute, dass weiterhin 50 Prozent auf Stahl und Aluminium, 25 Prozent auf Pkw und Kraftfahrzeugteile gelten würden. Zudem gäbe es weitere Untersuchungen zu Halbleitern, Arzneimitteln und anderen Produkten. "Auch für Kupfer wurden bereits 50 Prozent Zölle angekündigt." In Regierungskreisen war von täglichen Schäden für die deutsche Industrie von zehn bis zwölf Millionen Euro die Rede. Deshalb brauche man eine schnelle Lösung.
Trump hatte bereits zuvor neue Zölle von 20 bis 50 |
Prozent für eine Reihe von Ländern angekündigt, darunter Japan, |
Südkorea, Kanada und Brasilien. Zudem hatte er einen Zoll von 50 |
Prozent auf Kupfer angekündigt. Die von Trump seit seiner |
Rückkehr ins Weiße Haus verhängten Zölle bringen der |
US-Regierung Einnahmen in Milliardenhöhe. Zudem soll damit die |
heimische Wirtschaft in verschiedenen, zum Teil strategisch |
wichtigen Bereichen gestärkt werden. |
(Bericht von Andreas Rinke. Jarret Renshaw, Julia Payne; redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)