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05.07.2024 /15:41:29
FOKUS 1-US-Jobmotor läuft noch rund - "Keine Eile" für Fed bei Zinswende

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206.000 neue Stellen im Juni



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Experten hatten nur 190.000 erwartet



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Zahlen für Vormonate werden aber deutlich nach unten revidiert



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Ökonom: Zinswende zeichnet sich immer klarer am Horizont ab





Washington/Berlin, 05. Jul (Reuters) - Der Jobmotor in
den USA läuft trotz der Hochzinspolitik weiter rund. Doch mehren
sich die Anzeichen für eine von der Notenbank auf dem Weg zu
einer Zinswende erhofften Abkühlung des Arbeitsmarkts. Im Juni
kamen zwar 206.000 neue Jobs außerhalb der Landwirtschaft hinzu,
wie aus dem am Freitag veröffentlichten Bericht der Regierung
hervorgeht. Von Reuters befragte Volkswirte hatten lediglich mit
190.000 gerechnet. Allerdings wurde der Vormonatswert deutlich
nach unten revidiert - und zwar auf 218.000. Zunächst war für
Mai eine Zahl von 272.000 genannt worden. Und die separat
ermittelte Arbeitslosenquote stieg im Juni überraschend auf 4,1
Prozent. Ökonomen hatten erwartet, dass sie bei 4,0 Prozent
verharren würde.

"Das war ein erneut guter Monat", sagte Alexander Krüger, der Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Die Botschaft für die US-Notenbank Federal Reserve sei die einer weiter soliden Arbeitsmarktentwicklung. Für die Fed bestehe keine Eile, den Leitzins schon im September zu senken. An den Finanzmärkten wird allerdings damit gerechnet, dass es dann so weit sein wird. Die Zentralbank hält die Zinsen hoch, um die Inflation zu drücken. Zugleich will sie den heiß gelaufenen Arbeitsmarkt abkühlen, ohne den Konjunkturmotor abzuwürgen.

Ein Zuwachs von rund 100.000 Jobs pro Monat gilt unter Experten als völlig ausreichend, um die wachsende US-Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter mit Arbeitsplätzen zu versorgen. Wie sich nach nun revidierten Daten herausstellte, wurde diese Zahl im April mit einem Stellenaufbau von 108.000 nur knapp übertroffen. Bislang war von 165.000 die Rede gewesen.

ABKÜHLUNG DER KONJUNKTUR

LBBW-Ökonom Dirk Chlench verweist darauf, dass die Zahl der neu geschaffenen Stellen im Juni zwar ein wenig über der Erwartung der Experten lag: "Zieht man jedoch in Betrachtung, dass ein guter Teil des Stellenzuwachses beim Staat geschah und zudem der Beschäftigungsaufbau in den beiden Vormonaten deutlich nach unten revidiert wurde, so fügt sich der Arbeitsmarktbericht Juni in das Bild einer Abkühlung der US-Konjunktur ein."

Die Abkühlung des Arbeitsmarkts gilt der Notenbank auch als wichtige Voraussetzung, um ihr Zwei-Prozent-Ziel bei der Inflation dauerhaft zu erreichen. Die Währungshüter halten dabei auch ein Auge auf das Lohnwachstum: Im Vorjahresvergleich fiel der Anstieg im Juni mit 3,9 Prozent niedriger aus als im Mai mit damals 4,1 Prozent.

"In der Summe scheint die Beschäftigungssituation im Land der eigentlich unbegrenzten Möglichkeiten immer stärker durch weniger Dynamik geprägt zu werden", sagte NordLB-Analyst Tobias Basse. Zuletzt hatten sich die Anzeichen für eine Abschwächung der Konjunktur gemehrt: So hat die US-Industrie im Mai überraschend an Neugeschäft eingebüßt. Und die Geschäfte der US-Dienstleister waren im Juni wider Erwarten geschrumpft.

"Aufgrund ihres eher komplexen Zielkataloges dürfte die Fed nun langsam unter Handlungsdruck geraten", sagte Basse mit Blick auf das Doppelmandat der Notenbank, die stabile Preise sichern und Vollbeschäftigung fördern soll. Leitzinssenkungen zeichneten sich inzwischen immer klarer am Horizont ab: Die Notenbanker in Washington würden aber wohl noch auf etwas klarere Signale für ein weiteres Abklingen der Inflationssorgen bei den privaten Haushalten warten wollen.

Fed-Chef Jerome Powell hatte den Arbeitsmarkt jüngst als weiterhin robust bezeichnet und zugleich Fortschritte bei der Bekämpfung der Inflation ausgemacht. Dennoch hat die Notenbank aus seiner Sicht keine Eile mit einer Zinswende. An den Finanzmärkten wird für September damit gerechnet. Auf der Sitzung am Ende des Monats dürften die Währungshüter demnach den geldpolitischen Schlüsselsatz noch in der Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent belassen.

(Bericht vom Lucia Mutikani, Geschrieben von Reinhard Becker, Mitarbeit Klaus Lauer, Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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