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Bericht: Attentäter möglicherweise unter Drogeneinfluss |
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Rätselraten über Motive |
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Scholz und Faeser besuchen Anschlagsort |
Magdeburg/Berlin, 21. Dez (Reuters) - Medienberichten |
zufolge ist die Zahl der Todesopfer nach dem mutmaßlichen |
Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg am Freitagabend |
auf vier gestiegen. Das berichteten die ARD und die "Bild" am |
Samstag übereinstimmend aus Sicherheitskreisen. Es seien mehr |
als 200 Menschen verletzt worden, mehrere Dutzend von ihnen |
schwer. Die Polizei wollte die Angaben nicht bestätigen und |
verwies auf eine Pressekonferenz am Nachmittag. Noch am |
Vormittag wollen sich Bundeskanzler Olaf Scholz und |
Bundesinnenminister Nancy Faeser ein Bild von der Lage vor Ort |
machen. Noch immer ist die Motivlage des festgenommenen |
mutmaßlichen Attentäters unklar. |
Der Mann, nach Aussage der Behörden ein Arzt aus Saudi-Arabien, war am Freitagabend mit einem Auto in die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt gerast. Er ist seit 2006 in Deutschland und war den Behörden nicht als Islamist bekannt. Im Gegenteil hat er sich bei etlichen Interviews in den vergangenen Jahren als Kritiker eines radikalen Islams geäußert. Das Profil des Mannes auf der Plattform X lässt zumindest vermuten, dass er keine islamistischen Motive gehabt haben könnte. Es weise ihn auf Grund der Posts eher als Sympathisanten der AfD oder des US-Unternehmers Elon Musk aus, hatte auch der "Spiegel" berichtet. Laut einem Bericht der "Bild" könnte der mutmaßlicher Attentäter womöglich unter Drogen gestanden haben. Ein erster Drogenwischtest sei positiv ausgefallen, berichtete das Blatt ohne Angaben von Quellen.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz wollte sich auf Nachfrage mit Hinweis auf die laufenden Ermittlungen nicht äußern. Der stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Wiese, warnte davor, nach dem Vorfall in Magdeburg voreilige Schlüsse über die Motive des Täters zu ziehen. "Jetzt gilt es, die Ermittlungen abzuwarten. Es scheint so, dass die Dinge hier anders gelagert sind als zunächst vermutet wurde", sagte Wiese der "Rheinischen Post". Es sei richtig, dass die Polizei am Wochenende und mit Blick auf den Jahreswechsel noch mehr Präsenz zeige und Sicherheitskonzepte noch einmal kritisch überprüfe, sagte der Innenexperte. Zuvor hatten Sicherheitsbehörden erklärt, dass man die Schutzmaßnahmen etwa bei allen Weihnachtsmärkten nochmals überprüfe.
"Die Sicherheitsbehörden arbeiten derzeit unter Hochdruck daran, die Hintergründe dieser Schreckenstat aufzuklären", teilte Justizminister Volker Wissing mit.
Ein Insider aus Saudi-Arabien sagte gegenüber Reuters, dass das Königreich die deutschen Behörden vor dem Angreifer gewarnt habe. Er habe extremistische Ansichten auf seinem persönlichen X-Konto gepostet. Zunächst gab es keine Stellungnahmen deutscher Behörden dazu.
Das Geschehen erinnert an den Anschlag an der Berliner Gedächtniskirche im Dezember 2016. Damals hatte der Täter einen Lastwagen in den Weihnachtsmarkt auf dem Breitscheidplatz gesteuert und 13 Menschen getötet. Der Fahrer, ein Tunesier, wurde vier Tage später von der italienischen Polizei bei Mailand erschossen. Vor seiner Einreise nach Deutschland hatte er sich in Italien aufgehalten und dort auch im Gefängnis gesessen.
Bereits am Freitagabend hatten sich Politiker wie Bundeskanzler Olaf Scholz, Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz oder Wirtschaftsminister Robert Habeck entsetzt geäußert und den Opfern und deren Familien ihre Anteilnahme versichert. Die Vorsitzenden der AfD-Fraktion, Alice Weidel und Tino Chrupalla, teilten am Samstag mit, sie seien erschüttert.
Auch aus dem Ausland kamen Solidaritätsbekundungen, so von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Nato-Generalsekretär Mark Rutte bis zum Präsidenten von Aserbaidschan, Ilham Alijew. Dagegen griff der amerikanische Milliardär und Berater des designierten US-Präsidenten Donald Trump, Elon Musk, Kanzler Scholz auf seiner Plattform X am Freitagabend an und forderte ihn zum Rücktritt auf. Der Tesla <TSLA.O>-Chef ist bereits mehrfach mit Ausfällen gegen ausländische Regierungschefs aufgefallen, deren politische Ansichten er nicht teilt. Musk hatte am Freitag auch zur Wahl der AfD aufgerufen.
(Bericht von Andreas Rinke, Sabine Ehrhardt, Rachel Moore; redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)