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17.09.2024 /11:35:52
Hessisches Verfassungsschutzgesetz teilweise verfassungswidrig

Karlsruhe, 17. Sep (Reuters) - Das Bundesverfassungsgericht hat das Hessische Verfassungsschutzgesetz teilweise für verfassungswidrig erklärt. Mehrere Vorschriften verstießen gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht, teilten die Karlsruher Richter am Dienstag mit.

In der Entscheidung werden sieben Einzelpunkte in dem Gesetz von 2023 beanstandet, zum Beispiel die Ortung von Mobiltelefonen, die Abfrage von Passagierdaten bei Fluggesellschaften und die Übermittlung heimlich erlangter Erkenntnisse an andere deutsche Ermittlungsbehörden. Die Regelungen müssen bis Ende 2025 nachgebessert werden und sind bis dahin nur unter Auflagen anwendbar.

Die Eingriffe zur Beobachtung von Personen seien nur bei einer erhöhten Verdachtsschwelle für verfassungsfeindliche Aktivitäten zulässig, wie aus dem Beschluss hervorgeht. Denn es liege ein erhöhter Eingriff in Grundrechte vor, wenn die Bewegung von Personen beobachtet würden. Dem müsse eine erhöhte Beobachtungsbedürftigkeit gegenüberstehen, dem die Vorschriften nicht genügten. Der Gesetzgeber müsse hier hinreichend bestimmte Kriterien vorgeben.

Auch der Einsatz verdeckter Ermittler muss begrenzt werden. Da hier ein Vertrauensverhältnis zur beobachteten Person aufgebaut werde, um Informationen zu erlangen, sei damit ein erhöhter Eingriff in Grundrechte verbunden. "Je länger der Einsatz verdeckter Mitarbeitender dauert, je tiefergehende Vertrauensbeziehungen entstehen und je mehr private Informationen erlangt werden, umso dringender muss der Beobachtungsbedarf sein und umso größeren Aufklärungsgewinn muss die Maßnahme versprechen", urteilen die Richter.

KONKRETE GEFAHR MUSS VORLIEGEN

Auch die Übermittlung der heimlich gewonnenen Informationen an andere deutsche Behörden muss begrenzt werden. Die jetzt geltenden weitreichenden Vorschriften wurden für nichtig erklärt und sind damit ab sofort nicht mehr anwendbar. Die Übermittlung "ist nur zulässig, wenn eine mindestens konkretisierte Gefahr vorliegt", wie der Erste Senat entschied.

Mit der Entscheidung, die 79 Seiten umfasst, hatte die Verfassungsbeschwerde von fünf Personen, unter ihnen eine Rechtsanwältin, in wesentlichen Punkten Erfolg. Die Beschwerdeführer wurden von Bürgerrechtsorganisationen unterstützt.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Bundesrichter Landesverfassungsschutzgesetze beanstanden. Im April 2022 wurde das bayerische Verfassungsschutzgesetz für teilweise verfassungswidrig erklärt.

(Bericht von Ursula Knapp, redigiert von Thomas Seythal. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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