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26.09.2024 /17:32:19
TOP-THEMA-BASF auf Schrumpfkurs - Größe "spielt keine Rolle"

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BASF rückt von langjähriger Dividendenpolitik ab



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Dividende für 2024 sinkt auf 2,25 (2023: 3,40) Euro je Aktie



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Vorstandschef stellt neue Strategie auf Kapitalmarkttag vor



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Chemieriese bereitet Agrargeschäft auf Börsengang vor
 
(Neu: weitere Aussagen vom Vorstand, Betriebsrat)
- von Patricia Weiss
Frankfurt, 26. Sep (Reuters) - Mit Einsparungen und
einem umfassenden Konzernumbau will der neue BASF <BASFn.DE>-Chef
Markus Kamieth den angeschlagenen Chemieriesen zurück auf Kurs
bringen. "BASF steht an einem Wendepunkt", sagte Kamieth am
Donnerstag vor Investoren. Die Aktionäre müssen sich auf
deutliche Einbußen bei der Dividende einstellen. Im Stammwerk
Ludwigshafen prüft BASF die Schließung weiterer Anlagen.
Geschäftsbereiche sollen zum Teil verkauft oder an die Börse
gebracht werden. BASF müsse in all seinen Geschäften
wettbewerbsfähig sein und eine Spitzenposition einnehmen,
betonte Kamieth. "Ob das Ganze dann zusammengenommen die größte
Chemiefirma der Welt ist, ob das die zweit-, die dritt- oder
viertgrößte Firma der Welt ist, spielt keine Rolle."
Entscheidend sei, wie viel Wert BASF für seine Aktionäre
schaffe.

Von der langjährigen Dividendenpolitik, die eine jährliche Erhöhung oder mindestens eine Beibehaltung vorsah, rückt BASF allerdings ab. Mittelfristig soll die Ausschüttung in Form von Dividenden und Aktienrückkäufen nur noch auf dem Niveau der vergangenen Jahre liegen. Mindestens 2,25 (2023: 3,40) Euro je Aktie will BASF pro Jahr zahlen - dies gilt auch für 2024. Das wäre so wenig wie seit Jahren nicht: 2014 hatte der Dax-Konzern 2,80 Euro gezahlt, seitdem war die Ausschüttung stets mindestens stabil geblieben. Insgesamt sollen zwischen 2025 und 2028 zwölf Milliarden Euro oder mehr ausgeschüttet werden, Aktienrückkäufe sollen dazu spätestens ab 2027 vier Milliarden beitragen.

An der Börse kam die neue Dividendenstrategie, die einige Analysten angesichts des anhaltend schwierigen Umfelds schon befürchtet hatten, nicht gut an: BASF-Aktien waren mit einem Minus von 3,2 Prozent zeitweise größter Verlierer im Leitindex Dax <.GDAXI>, am Nachmittag grenzten sie ihre Verluste auf 0,6 Prozent ein. "Die Dividendenstrategie ist bei BASF eine ganz wesentliche Kauf- und Halteentscheidung nicht nur für institutionelle, sondern sicherlich auch für Privataktionäre", warnte kürzlich ein Top-10-Investor im Gespräch mit Reuters. Eine Änderung sei ein Bruch mit dem, wofür BASF bisher stehe.

STAMMWERK LUDWIGSHAFEN STEHT VOR WEITEREN EINSCHNITTEN

Kamieth, der vor genau fünf Monaten die Führung von BASF übernommen hatte, präsentierte den Investoren seine Vorstellungen: Die Agrarsparte, die Batteriematerialien, das Coatings-Geschäft mit Lacken und anderen Oberflächenbeschichtungen sowie die Auto-Abgaskatalysatoren gehören nicht mehr zum Kerngeschäft und sollen auf eigene Beine gestellt werden. Für diese Bereiche prüfe BASF jeweils "aktive Portfolio-Optionen". "Es geht nicht darum, etwas loszuwerden und Geld zu verdienen. Es geht ausschließlich darum, Werte zu schaffen", erklärte Kamieth.

Der größte Schritt könnte der Börsengang des Agrargeschäfts sein, den der Vorstand in den kommenden Jahren vorbereiten will. BASF will dabei einen Minderheitsanteil verkaufen. Für das Geschäft mit Bautenanstrichmitteln in Brasilien, das zu Coatings gehört, ist ein Verkauf geplant. Bei den Batteriematerialien liegt der Fokus angesichts des Einbruchs im E-Automarkt auf Partnerschaften und der Auslastung der Kapazitäten - denn deren Auslastung sei derzeit nicht hoch.

Zum Kerngeschäft zählt Kamieth die Sparten Chemicals,
Materials, Industrial Solutions sowie Nutrition & Care, die im
vergangenen Jahr für 59 Prozent das Konzernumsatzes standen. In
etwa drei Viertel dieser Geschäfte zählt BASF sich zu den drei
Marktführern. Diese Positionen will Kamieth durch Übernahmen
stärken. Gleichzeitig plant er schlankere Strukturen mit
flacheren Hierarchien und weniger Bürokratie.

Im Stammwerk Ludwigshafen bleibt die Schließung zusätzlicher Anlagen wegen mangelnder Wettbewerbsfähigkeit ein Thema: 16 Prozent der 900 Produktionseinheiten stehen auf dem Prüfstand. "Der Standort Ludwigshafen wird schlanker, aber stärker sein", versprach für für den Standort verantwortliche Vorständin Katja Scharpwinkel. Kamieth betonte, dass der Verbund im Kern "wirklich gesund" sei und alle wichtigen Wertschöpfungsketten wettbewerbsfähig seien. "Das war eine sehr gute Nachricht für Ludwigshafen." Der Betriebsrat kritisierte aber, es gehe BASF hauptsächlich um Einsparungen. Das reiche nicht als Konzept für eine erfolgreiche Zukunft und die Sicherung der Standorte.

Seit längerem bekannt ist, dass gut ein Dutzend Anlagen stillgelegt werden sollen. Denn der unter hohen Produktionskosten leidende Chemieriese schreibt in Deutschland seit zwei Jahren rote Zahlen. Der Sparkurs wurde bereits verschärft und Stellen gestrichen. BASF bekräftigte das Ziel, die jährlichen Kosten bis Ende 2026 um 2,1 Milliarden Euro zu drücken.

Kamieth setzt dem Konzern auch neue finanzielle Ziele: Das bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) soll 2028 auf zehn bis zwölf Milliarden Euro steigen. Das Kerngeschäft soll dazu sieben bis neun Milliarden beitragen. Für dieses Jahr erwartet BASF bislang 8,0 bis 8,6 (2023: 7,7) Milliarden Euro. Der operative Mittelzufluss (Free Cash-flow) soll sich von 2025 bis 2028 auf mehr als zwölf Milliarden Euro summieren.

(Bericht von Patricia Weiß; redigiert von Alexander Hübner Bei Rückfragen wenden Sie sich sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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