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06.06.2025 /14:40:40
HINTERGRUND-Nach der Aufregung - Was bleibt von Merz' Antrittsbesuch bei Trump?

(Technische Wiederholung)

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Kanzler sieht Bekenntnis der USA zu Nato



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Bewegung im Handelsstreit - Merz: Trump will Lösung



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Austausch der Argumente bei Ukraine, Ausgang unsicher



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Trump bekennt sich zu US-Truppen in Deutschland





- von Andreas Rinke -

Washington/Berlin, 06. Jun (Reuters) - Kein Eklat, dafür freundschaftliche Stimmung und gute Haltungsnoten in den Medien - Kanzler Friedrich Merz war mit seinem Antrittsbesuch bei US-Präsident Donald Trump sichtlich zufrieden. Nach der Rückkehr stellt sich die Frage, ob es etwa beim gemeinsamen Mittagessen jenseits der Bemühungen um eine Vertrauensbasis mit dem mächtigsten Mann der Welt inhaltliche Fortschritte gab. Dies ist je nach Thema unterschiedlich.

NATO UND SICHERHEIT

Eigentlich rannte Merz hier offene Türen ein. Denn das Bekenntnis zu dem von Trump angestrebten Ziel, dass die Nato-Staaten fünf Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Sicherheit ausgeben, hatte dem Kanzler schon vorher Lob der US-Regierung eingebracht. Im Gegenzug betonte Merz am Freitag, dass er nach den Gesprächen keinen Zweifel mehr habe, dass die USA in der Nato bleiben. Lehrmeisterei aus Washington Richtung Deutschland scheint nicht mehr zu fürchten zu sein.

Völlig ungefragt lobte Trump bei dem öffentlichen Auftritt im Oval Office die Präsenz der US-Truppen in Deutschland. Das muss nicht bedeuten, dass es keine Reduzierung der Truppenzahl in Europa und Deutschland mehr gibt. Aber größere Abzugsdebatten wie in der ersten Amtszeit Trumps scheinen sich nicht zu wiederholen.

HANDELSSTREIT

Merz sprach beim Mittagessen intensiv mit Trump über dieses Thema - und versuchte zu erklären, dass US-Zölle auch der amerikanischen Wirtschaft schaden würden. Auch öffentlich schlug er ein sogenanntes Offset-Geschäft für Autohersteller vor: Denn die Zahl der in Deutschland gebauten Autos, die in die USA exportiert werden, ist etwa so groß wie die Zahl der Autos, die deutsche Konzerne in den USA für den weltweiten Export produzieren.

Ob sich Trump davon beeindrucken lässt, ist unsicher. Zumindest betont Merz aber, dass er den starken Eindruck habe, dass der US-Präsident wirklich eine Lösung mit der EU wolle.

UKRAINE

Erklärtes Ziel des Besuchs war, Trump davon zu überzeugen, dass die USA die Ukraine weiter unterstützen und Russland mit härteren Sanktionen belegen. Klare Zusagen bekam der Kanzler nicht. Aber nach eigenen Angaben konnte er sowohl dem Präsidenten als auch Senatoren die europäische Sichtweise erklären, nach der Russland als viel größere Bedrohung gesehen wird als Trump dies offenbar sieht. "Die haben (in Washington) offensichtlich keine Vorstellung davon, was da gerade passiert", sagte Merz am Freitag mit Blick auf Berichte, dass Russland an der Nordostgrenze der Ukraine bis zu 50.000 Soldaten zusammenziehe. Das Kalkül ist, dass diese Botschaft - die im Weißen Haus auch von anderen Europäern vorgetragen wurde - bei Trump zu einem Umdenken führt. Ob das funktioniert, ist unsicher.

STUDENTENAUSTAUSCH UND WISSENSCHAFT

Angesichts vieler anderer Themen ging in der Pressekonferenz von Trump und Merz fast unter, dass sich der Präsident trotz seines Konfrontationskurses mit Universitäten wie Harvard und der Visaverschärfungen an vielen Stellen ausdrücklich zu einem Austausch von Studenten bekannte. "Wir wollen natürlich ausländische Studenten hier haben, das ist für uns eine Ehre", sagte Trump. Auch chinesische Studenten seien kein Problem.

Das könnte eine gewisse Entspannung für Studierende aus Deutschland bedeuten, die sich Sorgen um ihren US-Aufenthalt machen. Es beseitigt allerdings nicht die Probleme vieler Wissenschaftler in den USA durch das Streichen von Mitteln in Bereichen wie Umwelt-, Klima- oder Genderforschung, die der Trump-Regierung nicht genehm sind.

AFD

Ein Streitpunkt zwischen der US- und der Bundesregierung war auch der Umgang mit der AfD, für die es im rechtsnationalistischen Lager in den USA Sympathien gibt. Außenminister Marco Rubio bezeichnete es als "Tyrannei", als der Verfassungsschutz die AfD als gesichert rechtsextrem einstufte. Der Milliardär und frühere Mitarbeiter der Trump-Regierung, Elon Musk, rief sogar zur Wahl der Partei auf.

Nun hat ausgerechnet Trump den CDU-Vorsitzenden als "großartigen Kanzler" für Deutschland bezeichnet. Merz selbst verbat sich im Interview mit dem konservativen Sender Fox Lektionen von außen. Nach dem Besuch und mit dem Ausscheiden Musks aus der Regierung dürfte es die AfD schwerer haben, sich als der eigentliche Partner von Trump in Deutschland zu präsentieren. Vizepräsident JD Vance, der als ideeller Unterstützer rechtsnationalistischer Parteien in Europa gilt, schwieg bei Merz' Besuch im Oval Office und saß brav neben dem Präsidenten.

(Mitarbeit: Jeff Mason und Andrea Shalal, redigiert von Thomas Seythal)

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