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16.09.2024 /15:18:04
FOKUS 2-EZB-Führung hält sich zu möglicher Zinspause im Oktober bedeckt

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De Guindos - Alle Optionen offenhalten

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EZB-Vize verweist auf unsichere Inflationsentwicklung

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EZB-Chefvolkswirt Lane für Kurs der graduellen Lockerung

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Ratsmitglied Kazimir für Zinspause im Oktober

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Kazimir - Besseres Datenbild erst im Dezember
 
(Neu: EZB-Chefvolkswirt Lane)
Madrid/Frankfurt, 16. Sep (Reuters) - Trotz rückläufiger
Inflation hält sich die EZB-Führung zu ihrem weiteren Zinskurs
bedeckt. Mit Blick auf die kommenden Sitzungen wolle sich die
Europäische Zentralbank alle Optionen offenhalten, sagte
EZB-Vizechef Luis de Guindos am Montag auf einer Konferenz in
Madrid. Die Inflation dürfte im September sinken, doch im
vierten Quartal wieder anziehen. Die Entwicklung sei jedoch mit
großer Unsicherheit behaftet: "Ich glaube, niemand im EZB-Rat
weiß, was in den nächsten Monaten geschehen wird."
EZB-Chefvolkswirt Philip Lane sprach sich unterdessen für ein
datenabhängiges Vorgehen von Sitzung zu Sitzung aus. Klarer
äußerte sich der Notenbank-Chef der Slowakei, Peter Kazimir. Aus
seiner Sicht sollte die EZB bis Dezember die Füße still halten.

Es gelte zunächst die Daten zu sichten und dann zu entscheiden, sagte De Guindos. Insbesondere die hartnäckige Inflation im Dienstleistungssektor treibe die EZB um. Die Teuerung in der 20-Ländergemeinschaft lag im August mit 2,2 Prozent nach 2,6 Prozent im Juli zwar nicht mehr weit vom Zwei-Prozent-Ziel der Notenbank entfernt. Im Dienstleistungssektor erhöhte sich die Inflation jedoch auf 4,2 Prozent nach 4,0 Prozent im Juli.

Die EZB hatte am Donnerstag die Zinsen erstmals seit der geldpolitischen Wende vom Juni wieder gesenkt: Der für die Finanzmärkte maßgebliche Einlagesatz, zu dem Banken bei der EZB kurzfristig überschüssige Gelder parken, wurde um einen Viertelprozentpunkt auf 3,50 Prozent nach unten gesetzt. Zugleich bekräftigte die EZB, sie lege sich nicht im Voraus auf einen bestimmten Zinspfad fest. Mehrere Insider sagten der Nachrichtenagentur Reuters, eine Zinspause auf der Sitzung am 17. Oktober sei wahrscheinlich.

Laut EZB-Chefökonom Lane sollte die Euro-Notenbank ihre Geldpolitik schrittweise lockern und beim Tempo flexibel sein. Nach vorne blickend werde ein gradueller Ansatz zur Verringerung der geldpolitischen Straffung angemessen sein, sollten die einlaufenden Wirtschaftsdaten mit den Grundannahmen der EZB-Prognosen übereinstimmen, sagte der Ire auf einer Veranstaltung in Luxemburg. "Gleichzeitig sollten wir uns Optionen für die Geschwindigkeit der Anpassung offenhalten", fügte er hinzu.

KAZIMIR - NUR WENIGE NEUE DATEN BIS ZUR OKTOBER-SITZUNG

Aus Sicht von EZB-Ratsmitglied Kazimir ist eine erhebliche Änderung des Wirtschaftsausblicks erforderlich, um bereits im Oktober erneut die Sätze nach unten zu setzen. Bis zur Oktober-Sitzung werde es aber nur wenige neue Konjunkturdaten geben. "Wir werden fast sicher bis Dezember warten müssen, um ein klareres Bild zu erhalten, bevor wir unseren nächsten Schritt machen." Aus Sicht von Kazimir muss die EZB für weitere Zinssenkungsschritte erst sicher sein, dass die hereinkommenden Konjunkturdaten ihre eigenen Prognosen bestätigen. Andernfalls könnte die Notenbank eine womöglich übereilte Zinssenkung bereuen. Wie der EZB-Vizechef wies auch Kazimir darauf hin, dass insbesondere im Dienstleistungssektor die Inflation immer noch hoch sei.

Als einer der Inflationstreiber gilt derzeit das Lohnwachstum im Euroraum, das zuletzt allerdings etwas nachgelassen hat: Im zweiten Quartal sind die Stundenlöhne um 4,5 Prozent gestiegen, wie das EU-Statistikamt Eurostat mitteilte. Noch im ersten Quartal hatte der Anstieg bei 5,2 Prozent gelegen. Die EZB-Volkswirte gehen nach ihren jüngsten Prognosen davon aus, dass die Verbraucherpreise in diesem Jahr um durchschnittlich 2,5 Prozent zulegen werden und 2025 um 2,2 Prozent. Gegen Ende 2025 rechnen sie damit, dass die Inflation zur Zielmarke der EZB zurückkehren wird.

(Bericht von David Latona, Reinhard Becker, Frank Siebelt; redigiert von Reinhard Becker, Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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