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19.09.2024 /09:02:49
Ökonomen - US-Zinswende gute Nachricht für deutsche Wirtschaft

Berlin, 19. Sep (Reuters) - Die Zinswende der US-Notenbank Fed kommt Experten zufolge für das in einer hartnäckigen Konjunkturflaute steckenden Deutschland wie gerufen. "Das ist insgesamt eine gute Nachricht für unsere Wirtschaft", sagte der Konjunkturchef des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW), Michael Grömling, am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters zu der Zinssenkung in den USA. Besonders die Industrie und hier vor allem die Hersteller von Investitionsgütern wie Maschinen und Fahrzeuge könnten von sinkenden Finanzierungskosten bei ihrem wichtigsten Exportkunden profitieren. "Da haben wir derzeit auch ernste Probleme", sagte Grömling.

Ganz ähnlich schätzt das ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski ein. "Das starke Eingreifen der Fed erhöht die Chance, dass die US-Wirtschaft eine sanfte Landung hinlegen wird", sagte der Ökonom. "Das wäre auch für die deutsche Wirtschaft eine gute Nachricht, denn knapp zehn Prozent unserer Exporte gehen in die USA." Niedrigere Zinsen und eine nur leicht abkühlende Konjunktur sollten die Nachfrage nach deutschen Autos und anderen Konsumgütern stärken.

Anhaltende und nennenswerte Zinssenkungen dürften die Finanzierungskosten der Investoren und deren Investitionsneigung positiv beeinflussen, fügte Grömling hinzu. Bei der relativ hohen Kreditfinanzierung beim US-Konsum dürfte sich dies ebenfalls belebend niederschlagen. "Damit geht von der US-Konjunktur eine deutlich stabilisierende Wirkung auf die Weltwirtschaft aus", sagte der IW-Konjunkturchef - zumal auch andere Zentralbanken mit einer Lockerung folgen dürften.

Die US-Notenbank hat am Mittwochabend erstmals seit Anfang des Jahrzehnts ihren Schlüsselsatz gesenkt - und zwar gleich um einen halben Punkt auf eine Spanne von 4,75 bis 5,00 Prozent. Zugleich wurden weitere Schritte signalisiert. Die USA haben im ersten Halbjahr China als wichtigsten Handelspartner Deutschlands abgelöst. Der Warenaustausch mit der weltgrößten Volkswirtschaft summierte sich von Januar bis Juni auf rund 127 Milliarden Euro, während Exporte und Importe mit der Volksrepublik knapp 122 Milliarden Euro ausmachten. Dabei wuchsen die deutschen US-Exporte gegen einen negativen Gesamttrend um 3,3 Prozent auf fast 81 Milliarden Euro.

Allerdings warnen Experten vor zu viel Euphorie. "Vieles hängt auch noch vom Ausgang der Präsidentschaftswahlen ab", sagt ING-Chefvolkswirt Brzeski. "Denn keine Zinssenkung der Welt kann die negativen Folgen für Deutschland von neuen Handelskriegen auffangen." US-Vizepräsidentin Kamala Harris tritt im November gegen Ex-Präsident Donald Trump an, der in seiner ersten Amtszeit Strafzölle eingeführt und einen protektionistischen Kurs in der Wirtschaftspolitik eingeschlagen hatte.

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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