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12.11.2024 /17:14:22
FOKUS 1-EXKLUSIV-Insider - Commerzbank schaut sich nach Übernahmen um

(Neu: Aktienkurs, Kukies)
- von John O'Donnell und Tom Sims und Emma-Victoria Farr
Frankfurt, 12. Nov (Reuters) - Die Commerzbank <CBKG.DE>
schaut sich drei Insidern zufolge im Zuge ihrer Abwehrstrategie
gegen eine mögliche Übernahme durch die italienische Rivalin
Unicredit nach Zukäufen um. Mögliche Ziele der
Überlegungen, die sich noch in einem frühen Stadium befänden,
seien mittelgroße Banken wie die Hamburg Commercial Bank
(HCOB) oder die Oldenburgische Landesbank (OLB), sagten zwei mit
dem Vorgang vertraute Personen am Dienstag der
Nachrichtenagentur Reuters. Es sei unklar, ob die Commerzbank
bereits mit den möglichen Übernahmezielen Kontakt aufgenommen
habe, doch seien solche Pläne vom Commerzbank-Management
erörtert worden.

Eine Commerzbank-Sprecherin erklärte, es sei Teil der Strategie der Bank, sich nach Möglichkeiten für anorganisches Wachstum umzusehen. Marktgerüchte kommentiere sie nicht, fügte sie aber mit Blick auf mögliche Übernahmeziele hinzu. HCOB und OLB lehnten einen Kommentar ab. Die Commerzbank-Aktien fielen nach dem Reuters-Bericht kurzzeitig um mehr als vier Prozent auf ein Tagestief von 15,45 Euro, erholten sich danach etwas und lagen kurz vor Handelsschluss noch rund zwei Prozent im Minus.

Die Commerzbank hat sich bisher bei ihrer Strategie mit Blick auf die Unicredit nur wenig in die Karten schauen lassen. Sie betont aber immer wieder ihre Eigenständigkeit. Durch einen Zukauf könnte die Commerzbank den Preis für eine mögliche Übernahme durch die Unicredit in die Höhe schrauben. Zudem könnte es ein solcher Schritt für die Unicredit komplexer machen, die Commerzbank zu schlucken. Denn die wäre dann mit der Integration einer übernommenen Bank beschäftigt - das würde es für die Italiener schwerer machen, die Commerzbank in ihr Reich einzupassen. Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp hatte in der Vergangenheit gesagt, das Geldhaus halte sein Pulver für mögliche Übernahmen trocken.

UNTERSTÜTZUNG VOM NEUEN FINANZMINISTER

Italiens zweitgrößte Bank hat sich über Finanzderivate nach eigenen Angaben Zugriff auf bis zu 21 Prozent der Anteile an der Commerzbank gesichert. Sie hat zudem bei den bei der Europäischen Zentralbank angesiedelten Aufsichtsbehörden beantragt, die Commerzbank-Beteiligung auf bis zu 29,9 Prozent ausbauen zu können. Börsianer spekulieren darauf, dass die Unicredit die Commerzbank übernehmen will. Das Frankfurter Institut will aber unabhängig bleiben. Unterstützung erhielt es vom neuen Finanzminister Jörg Kukies (SPD). Bei seiner ersten Rede in diesem Amt sprach er mit Blick auf die aufgebaute Commerzbank-Beteiligung der Mailänder von unfreundlichen Methoden sowie einem aggressiven Vorgehen. "Der deutsche Markt für Banken und Finanzdienstleistungen ist und bleibt sehr, sehr offen." Es gehe bei Unicredit um das Vorgehen im Einzelfall. "Feindliche Übernahmen sind in Europa und in Deutschland nicht das, was wir für stabile Banken brauchen."



ÜBERLEGUNGEN ZUM VERKAUF DER MBANK - ABER ORLOPP DAGEGEN

Insidern zufolge machen aber nicht nur Ideen für Übernahmen bei der Commerzbank die Runde. Überlegungen, die polnische Tochter mBank zu verkaufen, seien vom Management jedoch verworfen worden, hieß es weiter. Orlopp selbst habe solche Überlegungen abgewiesen, sagte ein Insider. Es gebe aber Mitglieder im Aufsichtsrat, die darauf setzten, dass ein Verkauf der mBank bei einer Sitzung des Gremiums im November doch noch auf den Tisch kommen könnte, sagten zwei Insider. "Wir planen keinen Verkauf der mBank", unterstrich indes die Commerzbank-Sprecherin.

Die OLB gehört seit 2017 drei Finanzinvestoren um die US- Beteiligungsgesellschaft Apollo <APO.N>, die perspektivisch wieder aussteigen wollen. Dies könnte auch über einen Börsengang geschehen. Die OLB hatte jüngst die Degussa Bank übernommen. Das Institut wollte sich nicht äußern.

Die HCOB - ehemals HSH Nordbank - war Ende 2018 als erste Landesbank privatisiert worden und ging für rund eine Milliarde Euro an Finanzinvestoren um Cerberus und J.C. Flowers. Größte Aktionäre sind Cerberus (39,7 Prozent), J.C. Flowers (32,9 Prozent) und GoldenTree (11,8 Prozent).

(Geschrieben von Matthias Inverardi, Mitarbeit von Christian Krämer und Sabine Wollrab. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bittean unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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