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14.10.2024 /16:57:03
WDHLG-FOKUS 1-"Lex Commerzbank" - Bund prüft strengere Derivate-Meldepflicht

(ergänzt im ersten Absatz, dass Finanz-Szene zunächst über die Überlegungen berichtet hatte)

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Bundesfinanzministerium erwägt Verschärfung

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Meldepflicht auch für Derivate ab drei Prozent?

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Auch Meldefristen könnten verkürzt werden
 
Berlin, 14. Okt (Reuters) - Die Bundesregierung will mit
verschärften Meldepflichten ein Vorgehen wie beim Einstieg der
italienischen Unicredit bei der Commerzbank <CBKG.DE>
verhindern. Eine Sprecherin des FDP-geführten Finanzministeriums
teilte am Montag auf Anfrage mit, es würden neue Vorgaben für
den Kauf von Finanzinstrumenten wie Derivaten geprüft. Möglich
seien erweiterte Meldepflichten, wenn ein Investor eine
Beteiligung an einem Unternehmen über Aktien und Derivate
aufbaue. Bisher müssen Derivate-Positionen - etwa Kauf-Optionen
- erst ab fünf Prozent gemeldet werden. Künftig könnte die
Schwelle auf drei Prozent gesenkt werden, wie sie bereits für
Aktien gelten. Über die Überlegungen hatte zuvor der
Fach-Newsletter Finanz-Szene berichtet.
Die Mailänder Großbank UniCredit hatte im September ein
Commerzbank-Aktienpaket von 4,5 Prozent von der Bundesregierung
erworben und danach mit der Offenlegung überrascht, dass sie
über Aktien und Derivate bereits Zugriff auf weitere 4,5 Prozent
habe. Dabei war sie jeweils unter den geltenden Meldeschwellen
geblieben. In der Zwischenzeit haben die Italiener nach eigenen
Angaben über Aktien und Finanzinstrumente Zugriff auf bis zu 21
Prozent an der Commerzbank. Die geplante Übernahme stößt in der
Regierung auf Skepsis.

Das Finanzministerium prüft nun, ob Investoren den Kauf von Derivaten und von einer Kombination von Aktien und Derivaten ebenfalls schon ab einer Schwelle von drei Prozent melden müssen. Zudem werde untersucht, ob es angebracht und mit dem EU-Recht vereinbar wäre, die Mitteilungsfrist zu verkürzen. Bisher müssen solche Positionen europaweit innerhalb von vier Börsen-Handelstagen gemeldet werden.

Die deutschen Meldeschwellen beim direkten Kauf oder
Verkauf von Aktien sind mit drei Prozent bereits jetzt strenger
als die Vorgaben der EU-Transparenzrichtlinie, die sie erst ab
fünf Prozent vorschreibt. Die Meldepflichten für Derivate hatte
die Bundesregierung 2012 auf komplexe Wertpapiere erweitert,
nachdem sich Großaktionär Porsche <PSHG_p.DE> über solche Papiere
("Cash-settled Options") bei Volkswagen <VOWG_p.DE>
"angeschlichen" und schwere Turbulenzen in der Aktie des
Autobauers ausgelöst hatte. Institutionelle Investoren, etwa
Publikumsfondsgesellschaften oder ETF-Anbieter, kritisieren die
Meldepflichten, weil sie bei ihnen eine Flut von kostspieligen
Pflichtmitteilungen auslösen, obwohl hinter den Positionen keine
strategischen Entscheidungen stünden.
DGB-Chefin Yasmin Fahimi forderte die Bundesregierung
auf, auch regulatorische Hürden einzuziehen, um eine Übernahme
der Commerzbank durch UniCredit zu vereiteln. "Wir erwarten,
dass die politischen und regulatorischen Möglichkeiten
ausgeschöpft werden, um eine Übernahme zu verhindern", sagte die
Chefin des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) dem
"Handelsblatt". "Die Zukunft tausender Beschäftigter und die
Stabilität der deutschen Finanzlandschaft stehen auf dem Spiel."
Eine Verschärfung der Meldepflichten käme für die Commerzbank
aber wohl zu spät.

(Bericht von Christian Krämer und Alexander Hübner, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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