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16.10.2024 /13:42:41
FOKUS 1-Wieder Tote bei israelischem Angriff auf Südlibanon

(durchweg neu)

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Sechs Tote bei Beschuss von Nabathieh

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USA: Sind gegen Ausmaß der Bombenangriffe auf Libanon
 
Beirut, 16. Okt (Reuters) - Israel hat trotz deutlicher
Kritik seines engsten Verbündeten USA am Mittwoch erneut den
Süden des Libanons angegriffen. Beim Beschuss des Rathauses von
Nabatieh aus der Luft seien der Bürgermeister Ahmed Kahil und
mindestens fünf weitere Menschen getötet worden, verlautete aus
Sicherheitskreisen. Das israelische Militär erklärte, es habe
Dutzende Ziele der radikal-islamischen Hisbollah-Miliz in der
Region Nabatieh angegriffen und unterirdische Infrastruktur
zerstört. Nabatieh ist die Hauptstadt der gleichnamigen Region.
Die israelische Marine habe zudem zusammen mit Bodentruppen
Dutzende Stellungen der Hisbollah angegriffen. Wenige Stunden
zuvor wurden Vororte im Süden der libanesischen Hauptstadt
Beirut beschossen.

In den vergangenen Wochen hat das israelische Militär mehrfach die südlichen Vororte Beiruts - Hochburgen der Hisbollah - angegriffen, ohne dass es vorab die Bevölkerung gewarnt und zum umgehenden Verlassen ihrer Wohnungen aufgefordert hätte. Im Vorort Dahiyeh habe es ein unterirdisches Waffenlager beschossen, teilte das Militär nun mit. "Vor dem Angriff wurden zahlreiche Schritte unternommen, um das Risiko einer Schädigung der Zivilbevölkerung zu verringern, darunter auch frühzeitige Warnungen an die Bevölkerung in der Region."

Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks betreffen die israelischen Evakuierungsbefehle an die libanesische Bevölkerung mehr als ein Viertel des Landes. Die UN-Sonderkoordinatorin für den Libanon, Jeanine Hennis-Plasschaert, sagte, das Leid der Zivilbevölkerung habe ein beispielloses Ausmaß erreicht.

HARSCHE KRITIK AUS USA AN ISRAELS VORGEHEN IM LIBANON

Die USA haben die verstärkten Angriffe Israels auf den Libanon kritisiert. "Wir haben der israelischen Regierung klar gemacht, dass wir hinsichtlich des Ausmaßes und der Art der Bombenangriffe, die wir in den vergangenen Wochen in Beirut erlebt haben, Bedenken haben und dass wir dagegen sind", sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, am Dienstag. Dies habe die US-Regierung der Regierung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu auch mitgeteilt, sagte Miller vor der Presse. Damit schlägt die US-Regierung gegenüber Israel einen schärferen Ton an als bislang.

Dass das israelische Militär im Kampf gegen die Hisbollah, die mit dem Iran und der radikal-islamischen Palästinenser-Organisation Hamas im Gazastreifen verbündet ist, auch mehrfach die internationale Friedenstruppe im Südlibanon angegriffen hat, stößt in zahlreichen Ländern auf harsche Kritik. Seit Beginn einer israelischen Bodenoffensive gegen Hisbollah-Kämpfer am 1. Oktober seien wiederholt Stellungen der Unifil unter Beschuss geraten, teilten die Vereinten Nationen mit, die das Mandat für den Blauhelm-Einsatz erteilt haben. Zwei israelische Panzer seien durch die Tore eines ihrer Stützpunkte gebrochen. Fünf Blauhelm-Soldaten seien verletzt worden. Sechzehn EU-Länder, darunter Österreich, Italien, Deutschland und Frankreich, beteiligen sich am Unifil-Einsatz. Die beitragenden Länder der EU hätten trotz der israelischen Aufforderung nicht die Absicht, sich zurückzuziehen, sagte der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg. Netanjahu hatte am Sonntag die UN aufgefordert, die Unifil-Truppen "aus den Hochburgen der Hisbollah und den Kampfgebieten" abzuziehen.

LAGE IM GAZASTREIFEN KATASTROPHAL

Israel steht zudem wegen der katastrophalen Lage der Zivilbevölkerung im abgeriegelten Gazastreifen in der Kritik, wo es seit einem Jahr einen erbitterten Krieg gegen die Hamas führt. Diese hatte am 7. Oktober 2023 überraschend den Süden Israels angegriffen, nach israelischen Angaben 1200 Menschen getötet und rund 250 verschleppt. Im Gazastreifen wurden seit Beginn der darauf folgenden israelischen Militäroffensive nach palästinensischen Angaben mehr als 42.400 Menschen getötet.

Der Leiter des UN-Flüchtlingshilfswerkes für Palästinenser (UNRWA), Philippe Lazzarini, warnte angesichts des bevorstehenden Winters vor einer Hungersnot im Gazastreifen. "Hunger und Unterernährung sind leider sehr wahrscheinlich." Dabei sei der Hunger "künstlich gemacht". Lazzarini forderte, dass die Lkw-Konvois mit Nahrungsmitteln über die Grenzposten passieren dürfen. Vor allem Kinder seien in einer hoffnungslosen Lage, sie lebten zwischen Abwässern und Müll.

Palästinensische Gesundheitsbehörden verlangten einen humanitären Korridor zu drei Krankenhäusern im Norden des Gazastreifens. Diese stehen kurz vor dem Zusammenbruch, weil die israelischen Truppen das Gebiet während fast zwei Wochen schwerer Kämpfe von der Außenwelt abgeschnitten haben.

(Bericht von: Laila Bassam, Timour Azhar, Humeyra Pamuk; geschrieben von Sabine Ehrhardt, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)

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