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07.07.2025 /15:31:59
Insider: Frankreich will 80 Prozent an Kampfjet-Projekt FCAS

Berlin/München, 07. Jul (Reuters) - Um das europäische Kampfjet-Projekt FCAS droht neuer Streit zwischen Deutschland und Frankreich. Die Regierung in Paris habe in Gesprächen mit der Bundesregierung einen Anteil von rund 80 Prozent an dem Projekt für französische Unternehmen gefordert, sagte ein Insider aus der Rüstungsindustrie der Nachrichtenagentur Reuters. Das Online-Portal "Hartpunkt" hatte darüber vorher berichtet. Nach den bisherigen Vereinbarungen sollen Frankreich, Deutschland und Spanien zu je einem Drittel an der Entwicklung des Nachfolgers des deutschen Eurofighter und der französischen Rafale sowie mehrerer zugehöriger Waffensysteme beteiligt werden, der 2040 auf den Markt kommen soll. In Frankreich ist Dassault Aviation <AM.PA> federführend für das Projekt, in Deutschland Airbus <AIR.PA> und in Spanien Indra.

Ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums verwies auf Reuters-Anfrage auf "geltende Regierungsvereinbarungen zwischen den Nationen, die für die Bundesregierung den verbindlichen Rahmen für die deutsche Beteiligung bieten". Zur französischen Sicht der Dinge verwies er auf die zuständigen Stellen dort. Das französische Verteidigungsministerium wollte sich nicht äußern.

Ein Airbus-Sprecher sagte, der französisch-deutsche Konzern stehe zu FCAS, den bisherigen Vereinbarungen und den Konsequenzen für Europa. "Die kommenden Monate bis Jahresende werden entscheidend sein, damit wir zügig in eine tatsächliche Entwicklungsphase des Programms eintreten können", fügte er hinzu. Französische Nachforderungen machten es unwahrscheinlich, dass dieses Ziel erreichbar sei, sagte der Insider. Nachteilig wäre ein höherer französischer Anteil auch für deutsche Firmen wie Hensoldt <HAGG.DE> und MTU <MTXGn.DE>. Die neuerliche Debatte um FCAS dürfte einem zweiten Insider zufolge auch Thema bei einer Betriebsversammlung bei Airbus Defence and Space am Montag im bayerischen Manching sein, dem größten Eurofighter-Standort in Deutschland.

Das mehr als 100 Milliarden Euro schwere Rüstungsprojekt ist seit Jahren Gegenstand eines politischen und wirtschaftlichen Gezerres zwischen Deutschland und Frankreich. Dabei ging es auch um die Rechte am geistigen Eigentum, die mit der Entwicklung verbunden sind. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel hatten das Projekt vor acht Jahren angekündigt. Es führte aber seither immer wieder zu Spannungen: 2022 etwa hatte Macron ein französisch-deutsches Ministertreffen wegen Unstimmigkeiten unter anderem zum FCAS-Projekt abgesagt.

Sollte Paris nicht von seiner 80-Prozent-Forderung abrücken, könnte das der "Sargnagel" für das gemeinsame Projekt sein, sagte der Berichterstatter der SPD für die Luftwaffe und FCAS im Verteidigungsausschuss des Bundestages, Christoph Schmid, zu "Hartpunkt". Darauf könne sich Deutschland nicht einlassen. FCAS ist eines von zwei Kampfjet-Projekten in Europa. Parallel dazu arbeiten Großbritannien, Italien und Japan unter dem Namen GCAP an einem neuen Tarnkappen-Bomber. Im Zuge der Aufrüstung waren zuletzt Rufe nach einer engeren Zusammenarbeit der europäischen Staaten bei Rüstungsprojekten laut geworden.

(Bericht von Sabine Siebold, Alexander Hübner und John Irish, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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