(Neu: Faeser nennt Forderungen "sehr hoch") |
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Verdi und DBB beschließen Forderung für Tarifrunde |
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Verdi-Chef Werneke: "Extreme Belastungssituation" |
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Faeser: Forderungen sind sehr hoch |
- von Alexander Ratz |
Berlin, 09. Okt (Reuters) - Die Gewerkschaften fordern |
für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst |
bei Bund und Kommunen in der anstehenden Tarifrunde acht Prozent |
mehr Geld. Die Anhebung müsse zudem mindestens 350 Euro |
monatlich betragen, teilten die Dienstleistungs-Gewerkschaft |
Verdi und der Deutsche Beamtenbund (DBB) am Mittwoch in Berlin |
mit. Verdi-Chef Frank Werneke sagte, es gebe an vielen Stellen |
des öffentlichen Dienstes eine "extreme Belastungssituation". |
Der DBB-Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach räumte zwar ein, die |
Forderungen seien ambitioniert, "aber keineswegs zu hoch". |
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), die die |
Arbeitgeberseite in den Verhandlungen für den Bund und die |
Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) vertritt, |
nannte die Forderung "sehr hoch". |
Angesichts der angespannten Haushaltslage vor allem auch im Bund dürfte den Tarifparteien harte Verhandlungen bevorstehen. Werneke sagte, die Beschäftigten müssten an der allgemeinen Einkommensentwicklung teilhaben, auch um die Binnennachfrage zu stabilisieren. Die Forderung sei eine Kombination von Zuschlägen und einer allgemeinen Einkommenserhöhung. So fordere man vor allem eine Erhöhung bei den Sonntags- und Feiertagszuschlägen sowie den Rufzeiten. Zudem brauchten die Beschäftigten mehr Zeitautonomie. Zusätzlich gefordert würden drei extra freie Tage für alle und vier Tage für Gewerkschaftsmitglieder. Wichtig seien zudem Überstundenzuschläge für Teilzeitbeschäftigte. Auszubildende sollen demnach 200 Euro mehr pro Monat erhalten. Der Vertrag soll eine Laufzeit von zwölf Monaten haben.
Faeser erklärte, die Forderungen der Gewerkschaften seien "sehr hoch". "Die Haushaltslage ist und bleibt angespannt, insbesondere auch in den Kommunen. Jetzt geht es darum, dass wir ab Ende Januar 2025 am Verhandlungstisch gemeinsam mit den Gewerkschaften am Ende zu einer fairen Einigung kommen." Die Beschäftigten sorgten dafür, dass der Staat stark und handlungsfähig sei. "Wir müssen deshalb auch in den anstehenden Tarifverhandlungen angemessene und gute Lösungen für den Bund und die Kommunen ebenso wie für die Beschäftigten finden."
Werneke sagte, er rechne mit sehr schwierigen Verhandlungen. Die erste Runde ist laut Verdi für den 24. Januar angesetzt, danach sind demnach zwei weitere Treffen für den 17. und 18. Februar sowie den 14. bis 16. März terminiert. Auf Gewerkschaftsseite sind an den Verhandlungen auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP), die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und die IG BAU beteiligt.
Silberbach sagte, die Forderung sei berechtigt, weil eine zukunftsfähige öffentliche Verwaltung gebraucht werde. Der GdP-Vorsitzende Jochen Kopelke sagte, Grenzkontrollen und Sicherheitspakete seien derzeit in aller Munde, müssten aber von der Polizei durchgesetzt werden. Es gehe hier um die Menschen, die den Extremismus bekämpften. Im übrigen seien auch alle bereit, für mehr Geld "auf die Straße zu gehen".
Chefökonom Thomas Gitzel von der VP Bank nannte die Forderung sportlich. "Am Ende der schwierigen Tarifverhandlungen dürfte ein deutliches Lohnplus zu Buche stehen - allerdings werden es keine acht Prozent sein." Letzteres gebe die schwache konjunkturelle Lage und die daraus resultierenden geringeren Steuereinnahmen nicht her. Die Hamburg Commercial Bank (HCOB) sieht die "sehr robuste Lohnforderung" insofern als nachvollziehbar, als die Geldentwertung vielen privaten Haushalten immer noch in den Knochen stecke. "Die Zeit der überdurchschnittlichen Lohnabschlüsse dürfte noch nicht vorbei sein, trotz der niedrigen Inflation", sagte HCOB-Chefvolkswirt Cyrus de la Rubia der Nachrichtenagentur Reuters.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte bei der Vorstellung der Herbstprojektion der Bundesregierung mit Blick auf alle Branchen gesagt, es sei dieses Jahr mit Lohnabschlüssen von im Schnitt fünf Prozent zu rechnen. Für 2025 gehe er dann noch von mehr als drei Prozent aus.
(Mitarbeit: Klaus Lauer, Christian Krämer und Ralf Bode, redigiert von Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich an berlin.newsroom@tr.com)