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28.10.2024 /17:33:58
FOKUS 2-SPD und CDU steuern in Brandenburg und Thüringen auf Koalitionen mit BSW zu

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Parteien in Thüringen und Brandenburg einig über Sondierungspapiere



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CDU und SPD akzeptieren kritische Passage zu Stationierung von US-Raketen



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CDU-Brandenburg sieht Widerspruch zu Bundespolitik bei SPD

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Wagenknecht dementiert Blockadehaltung
 
(Neu: Thüringen)
Berlin, 28. Okt (Reuters) - Brandenburg und Thüringen
steuern auf Koalitionen mit Beteiligung der BSW zu: In Erfurt
verkündeten die Spitzen von CDU, SPD und BSW am
Montagnachmittag, dass sie Koalitionsgespräche beginnen werden.
In Brandenburg schlugen SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke und
der BSW-Chefunterhändler Robert Crumbach ihren Parteien
ebenfalls vor, Koalitionsverhandlungen zu beginnen. Möglich
wurde dies, weil SPD und CDU der Partei von Sahra Wagenknecht
deutlich bei außenpolitischen Themen entgegenkamen.

Nach den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg hatte es in allen drei Bundesländern Gespräche zwischen CDU und SPD mit dem BSW zur Bildung einer Landesregierung gegeben. Nur mit dem BSW können Koalitionen ohne die AfD gebildet werden, mit der keine Partei regieren will. In Brandenburg hätten SPD und BSW zusammen eine Mehrheit.

STREIT ÜBER US-RAKETEN BEIGELEGT

Strittig war in allen drei Ländern vor allem die Frage der Außenpolitik. In Thüringen habe man sich auf eine gemeinsame Präambel eines Koalitionsvertrages geeinigt, sagte CDU-Landeschef Mario Voigt. "Im Rahmen der europäischen und bundesstaatlichen Ordnung unterstützen wir alle diplomatischen Initiativen, den von Russland gegen die Ukraine entfesselten Angriffskrieg zu beenden", heißt es dort. "Wir erkennen ... an, dass viele Menschen in Thüringen die geplante Stationierung von Mittelstrecken- und Hyperschallraketen kritisch sehen bzw. ablehnen." Es soll ein Bürgerbeteiligungsverfahren geben.

In Brandenburg heißt es in dem vereinbarten Sondierungspapier nun: "Wir sehen vor diesem Hintergrund die geplante Stationierung von Mittelstrecken- und Hyperschallraketen auf deutschem Boden kritisch." Brandenburg sei durch Artikel 2 Absatz 1 seiner Verfassung dem Frieden verpflichtet. Dazu gehöre, aktiv zur Sicherung des Friedens beizutragen. Zur Ukraine heißt es: "Wir nehmen die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger ernst, dass sich der Krieg ausweitet und damit das Risiko besteht, dass auch Deutschland in eine sich immer schneller drehende Kriegsspirale hineingezogen wird. Der Krieg wird nicht durch weitere Waffenlieferungen beendet werden können."

Hintergrund ist die Forderung vor allem von BSW-Gründerin Wagenknecht, dass sich Landesregierungen mit BSW-Beteiligung gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und die Stationierung neuer US-Raketen aussprechen müssten. Die Spitzen von CDU und SPD im Bund lehnen beides aber ab. Etwa in dem Sondierungspapier in Brandenburg heißt es deshalb: "Dieses politische Ziel besteht losgelöst von der Zuständigkeit des Bundes für die Außen- und Verteidigungspolitik."

Der CDU-Fraktionschef in Potsdam, Jan Redmann, kritisierte die Vereinbarung in Brandenburg dennoch. Die SPD habe sich für Wagenknecht "hübsch" gemacht, sagte er. Die Unterstützung der Ukraine mit Waffenlieferungen sei genauso wie die Stationierung von Mittelstreckenraketen Positionen, die Kanzler Olaf Scholz und Verteidigungsminister Boris Pistorius (beide SPD) vertreten. Erschreckend vage bleibe das Papier jedoch, wenn es konkret um Brandenburg gehe. Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) und CDU-Landeschef Voigt sagten, dass man sich nun endlich auf die Landespolitik in den Koalitionsverhandlungen mit sieben Arbeitsgruppen konzentrieren könne.

Vor allem in Thüringen hatten SPD und CDU Wagenknecht vorgeworfen, anders als die regionalen BSW-Politiker auf Maximalforderungen beim Thema Außenpolitik zu beharren. In Sachsen hatten BSW-Abgeordnete zudem mit der AfD für die Einsetzung eines Corona-Untersuchungsausschusses gestimmt, der die Arbeit von Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) kritisch beleuchten soll.

Es sei "intensiv mit Berlin" diskutiert worden, sagte Thüringens BSW-Chefin Katja Wolf. Wagenknecht hatte zuvor im MDR Vorwürfe zurückgewiesen, sie wolle eine Blockade der Regierungsverhandlungen in den Ländern. Es verhandelten in erster Linie die Landesverbände vor Ort. Sie unterstrich aber, dass das BSW sich zwischen den Ländern abstimmen müsse, weil es Rückwirkungen auf andere Verhandlungen habe, wenn die Partei in einem Bundesland Positionen aufgebe.

(Bericht von Andreas Rinke, redigiert von Scot W. Stevenson Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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