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01.10.2024 /08:00:08
Schlechte Finanzierung und Ausschreibungsregeln bremsen Ukraine-Geschäft

Berlin, 01. Okt (Reuters) - Obwohl Deutschland einer der größten Geldgeber der Ukraine ist, kommen deutsche Firmen nur selten bei Projektausschreibungen in dem Land zum Zuge. Das geht aus einer Umfrage unter deutschen Firmen durch den Ostausschuss der deutschen Wirtschaft hervor, deren Ergebnisse der Nachrichtenagentur Reuters vorliegen. Das Problem ist danach, dass die Mittel an die Ukraine nicht an die Bedingung geknüpft werden, dass auch deutsche Anbieter bei Ausschreibungen beteiligt werden müssen, heißt es. Deshalb kämen oft türkische oder chinesische Anbieter zum Zuge, weil meist das billigste und nicht das qualitativ beste Gebot den Zuschlag erhalte, kritisiert der Ostausschuss.

Insgesamt schauen deutsche Firmen trotz eines Wachstums der ukrainischen Wirtschaft und sogar eines deutlichen Anstiegs des deutsch-ukrainischen Handels mit gemischten Gefühlen auf ihr Ukraine-Geschäft. So nimmt die Zahl der Dienstreisen bei Mitgliedsfirmen trotz des Krieges mit Russland wieder zu, vor allem nach Kiew oder in die westliche Region um Lwiw. Potenziale für deutsche Unternehmen sieht der Ostausschuss in Wachstumsbranchen wie dem Bausektor, der Rüstungsindustrie, der Landwirtschaft, der IT-Branche und bei erneuerbaren Energien.

Aber zu den großen Bremsen eines Engagements in der Ukraine zählten weiter der unsichere Versicherungsschutz bei Personenreisen und fehlende Finanzierungsmöglichkeiten für Investitionsprojekte, gaben die Unternehmen an. "Wegen der negativen Einstufung der Ukraine durch internationale Rating-Agenturen aufgrund der Kriegssituation tun sich private Finanzinstitute weiterhin sehr schwer mit einer Projektfinanzierung", sagte der Geschäftsführer des Ostausschusses, Michael Harms. Deshalb hat auch die Absicherung von Investitionen durch die Bundesregierung bisher keinen durchschlagenden Erfolg. Es fehle weiter eine ukrainische Wiederaufbaubank nach dem Vorbild der deutschen KfW. Laut Ostausschuss würden fast nur Firmen aktiv, die Projekte mit Eigenkapital finanzieren können oder ins Raster einer der internationalen Förderbanken passen.

Trotz der Wiederaufbaukonferenz in Berlin und den versprochenen Verbesserungen der Rahmenbedingungen in dem osteuropäischen Land geben nur 15 von 68 befragten Unternehmen an, dass sich das Investitionsklima in der Ukraine seit Jahresbeginn 2024 spürbar verbessert habe. Fortschritte werden dagegen bei der Korruptionsbekämpfung gesehen.

Für die Ukraine wird 2024 ein Wirtschaftswachstum erwartet. Der deutsch-ukrainische Handel weist nach den ersten sieben Monaten 2024 ein kräftiges Plus von mehr als elf Prozent gegenüber dem Vorjahr aus.

(Bericht von Andreas Rinke Redigiert von Scot W. Stevenson Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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