(Wiederholung vom Vorabend) |
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Vermittler Katar: Waffenruhe soll ab Sonntag gelten |
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Abstimmung in Israel für Donnerstag erwartet |
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Hamas: Einigung ist großer Erfolg | |
- von Andrew | Mills und Nidal al-Mughrabi und Maayan Lubell |
Doha/Jerusalem/Washington, 15. Jan (Reuters) - Im | |
Gaza-Konflikt sollen ab Sonntag die Waffen schweigen und bald | |
die ersten Geiseln freikommen. Israel und die radikal-islamische | |
Hamas einigten sich am Mittwoch auf eine Feuerpause in dem seit | |
15 Monaten anhaltenden Konflikt, bei dem mehr als 40.000 | |
Menschen ums Leben gekommen sind. Dies teilten die Vermittler | |
Katar, USA und Ägypten im Laufe des Abends mit. Die Hamas nannte | |
die Vereinbarung einen großen Erfolg. Die israelische Regierung | |
dürfte den Angaben vom Abend zufolge im Laufe des Donnerstags | |
darüber abstimmen. Nach Angaben aus Kreisen dürfte sie | |
angenommen werden. Wie es langfristig etwa mit der Regierung im | |
Gazastreifen weitergehen soll, war zunächst unklar. |
Die komplexe Einigung sieht laut den zunächst vorliegenden Informationen ein Vorgehen in mehreren Phasen vor. Dabei ist eine anfängliche, sechswöchige Feuerpause vorgesehen. Danach soll sich das israelische Militär schrittweise aus dem Gazastreifen zurückziehen. Die Hamas soll ihrerseits zunächst 33 israelische Geiseln freilassen, darunter alle Kinder, Frauen - Zivilistinnen und Soldatinnen - und Männer über 50. Israel werde für jede zivile Geisel 30 palästinensische Gefangene aus israelischer Haft entlassen. Für jede israelische Soldatin, die in der Gewalt der Hamas sei, würden 50 palästinensische Gefangene freikommen.
Verhandlungen über eine zweite Phase der Vereinbarung zu Waffenruhe und Geiseln sollten am 16. Tag der ersten Phase aufgenommen werden, hieß es weiter. Es sei zu erwarten, dass dann alle verbliebenen Geiseln freikämen, darunter auch israelische Soldaten. Auch ein dauerhafter Waffenstillstand und der komplette Abzug des israelischen Militärs aus dem Gazastreifen würden dann voraussichtlich vereinbart. In einer dritten Phase sollten alle sterblichen Überreste übergeben und der Wiederaufbau des weitgehend zerstörten Palästinenser-Gebiets begonnen werden.
Die Angehörigen der Geiseln zeigten sich in Tel Aviv überglücklich. "Wir, die Familien von 98 Geiseln, begrüßen mit überwältigender Freude und Erleichterung die Vereinbarung, unsere Lieben nach Hause zu holen", hieß es in einer Erklärung. Im Gazastreifen feierten Palästinenser auf den Straßen. Eine durch die Kämpfe vertriebene fünffache Mutter sprach von Freudentränen. Auch international wurde die Nachricht der Einigung begrüßt. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock schrieb kurz vor der offiziellen Bestätigung auf dem Kurznachrichtendienst X, es gebe nun die Hoffnung, dass "das Sterben im Gazastreifen ein Ende findet".
Der Krieg begann mit dem Überraschungsangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023. Dabei wurden nach israelischen Angaben 1200 Menschen getötet und mehr als 250 Geiseln verschleppt. In der Folge drang Israels Militär in den Gazastreifen ein. Dabei wurden palästinensischen Gesundheitsbehörden zufolge inzwischen mehr als 46.000 Menschen getötet.
Der Wiederaufbau des Küstenstreifens nach einem endgültigen Friedensschluss dürfte teuer und langwierig werden. Der materielle Schaden an der Infrastruktur im Gazastreifen wird von UN und Weltbank auf über 18 Milliarden Dollar geschätzt. Angaben der UN vom Oktober zufolge haben die israelischen Bombardierungen 42 Millionen Tonnen Schutt zurückgelassen. In einer früheren Schätzung der Weltgemeinschaft vom April waren 14 Jahre als Zeitraum dafür genannt worden.
Auch die langfristige Entwicklung in der Region blieb zunächst unklar. Die Regierungskoalition von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu lehnt einen eigenen Palästinenser-Staat aus Gazastreifen und Westjordanland strikt ab. Vielmehr hat sie während des Krieges gegen die Hamas den Bau israelischer Siedlungen im besetzten Westjordanland vorangetrieben. Am 20. Januar - einen Tag nach dem geplanten Beginn der Feuerpause - soll der designierte US-Präsident Donald Trump seinen Amtseid ablegen. Danach wird eine stärker pro-israelische Politik der USA erwartet. Trump kündigte am Mittwoch an, man werde nicht zulassen, dass der Gazastreifen ein sicherer Hafen für Terroristen werde.
(Weitere Bereichterstattung Susan Heavey, Andrew Mills und James Mackenzie Geschrieben von Scot W. Stevenson und Sabine Ehrhardt, redigiert von Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)