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14.10.2024 /15:08:38
FPÖ-Chef Kickl teilt gegen Österreichs Bundespräsidenten aus

Wien, 14. Okt (Reuters) - In Österreich hat FPÖ-Parteichef Herbert Kickl Kritik am Vorgehen von Bundespräsident Alexander Van der Bellen bei der Regierungsbildung geübt. Van der Bellen fordere Klarheit von den drei stimmenstärksten Parteien - die rechtspopulistische FPÖ, die konservative ÖVP und sozialdemokratische SPÖ - über eine mögliche Koalitionsmehrheit, sagte Kickl am Montag. "Doch genau das wäre seine Aufgabe gewesen", betonte der FPÖ-Chef. Der Bundespräsident habe durch sein Verhalten selbst für Unklarheit gesorgt und die Verantwortung für die Regierungsbildung von sich geschoben. Das Wahlergebnis sei "glasklar", die FPÖ hätte als stimmenstärkste Partei den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten müssen, so Kickl.

Das Staatsoberhaupt hatte in einer Erklärung in der vergangenen Woche vorerst keiner Partei den Auftrag zur Regierungsbildung erteilt. Traditionell wurde bisher immer die stimmenstärkste Kraft mit dieser Aufgabe betraut. In der Verfassung verankert ist das aber nicht. Der österreichische Bundespräsident, der mehr Befugnisse hat als etwa sein deutscher Amtskollege, hat hier freie Hand.

Van der Bellen erklärte sein Vorgehen damit, dass es eine "Pattsituation" bei der Regierungsbildung gebe. Er forderte die Vorsitzenden von FPÖ, ÖVP und SPÖ auf, in Gesprächen im Lauf dieser Woche zu klären, welche Koalitionsmehrheit möglich wäre. Grund dafür ist, dass keine andere Partei mit der EU- und islamkritischen FPÖ koalieren will - die ÖVP zumindest dann nicht, wenn die Partei von Kickl geführt wird. Für die notwendige Mandatsmehrheit müssen zumindest zwei Parteien ein Bündnis schließen. Möglich ist erstmals auch eine Dreier-Koalition aus ÖVP, SPÖ und einer kleineren Partei, wie den liberalen Neos.

Kickl, der bei dem Medientermin erneut keine Fragen von Journalisten zuließ, machte erneut klar, dass seine Partei mit der ÖVP koalieren will. Schließlich gebe es zwischen den beiden Parteien inhaltlich die meisten Überschneidungen. "Die Wähler und Wählerinnen haben bei der Nationalratswahl eine satte Mehrheit von cirka 55 Prozent für eine Mitte-rechts-Koalition bestehend aus FPÖ und ÖVP hergestellt", so Kickl. Er verwies mehrfach darauf, dass seine Partei stimmenstärkste Partei wurde und die ÖVP unter dem amtierenden Kanzler Karl Nehammer hohe Verluste einfuhr. Nach diesem "Totalabsturz" den Kanzleranspruch zu stellen sei "absurd" und eine Missachtung des Wahlergebnisses. Er habe allerdings den Eindruck, dass ÖVP und SPÖ versuchen, das "Machtwort der Wähler" vom Tisch zu wischen und eine Verlierer-Koalition zu bilden.

(Bericht von Alexandra Schwarz-Goerlich, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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